Vorbeikommen und staunen!
Am 23. April, Welttag des Buches, dürfen Interessierte einen Blick auf die kostbarsten Bestände von Deutschlands größter Museumsbibliothek werfen.
Hier lagern geheime Schätze aus Papier, die zum Teil mehr als ein halbes Jahrtausend alt sind: Der Rara-Bestand ist das Allerheiligste der Bibliothek des Deutschen Museums. Dabei handelt es sich um seltene, teils handkolorierte Bücher, die Besucherinnen und Besucher der Bibliothek normalerweise nicht zu sehen bekommen. Am UNESCO-Welttag des Buches, macht die Bibliothek des Deutschen Museums aber eine Ausnahme – und präsentiert eine Auswahl ihrer schönsten und wertvollsten Bücher. Denn nicht nur in den Ausstellungen des Deutschen Museums sind einmalige Meisterwerke zu bestaunen, sondern auch in der Museumsbibliothek gleich nebenan. Am Sonntag, 23. April, gibt es im Rahmen von Führungen noch weitere Einblicke in Bereiche, die der Öffentlichkeit sonst verborgen bleiben – ein Blick hinter die Kulissen der größten Museumsbibliothek Deutschlands.
Dabei hat man zum Beispiel die Chance, die „Schedel’sche Weltchronik“ aus dem Jahr 1493 zu Gesicht zu bekommen, in der die erste gedruckte Stadtansicht von München zu sehen ist. Gemeinsam mit Jan van der Straets „Nova Reperta“ wird sie in einer Vitrine präsentiert, die Bezug nimmt auf die Ausstellung „Bild Schrift Codes“. Hier, wie in weiteren Schaukästen, gibt es QR-Codes, die von den Schätzen der Bibliothek Verbindungen zu den Ausstellungen aufzeigen. In Sachen Gesundheit ist das zum Beispiel Juan de Valverdes „Anatomia del corpo humano“ aus dem Jahr 1560 zusammen mit Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 1896 ergänzt durch das Herzmodell, das man über den QR-Code zu sehen bekommt.
Jedem Menschen, der Bücher liebt, geht angesichts dieser Meisterwerke der Buchdruckkunst das Herz auf. Und alle Bücherfreunde können am 23. April einen Blick auf die seltenen Bestände werfen, die kilometerlangen Regale im Magazin entlanglaufen, die fast eine Million Bände beherbergen – und in der Summe die größte Museumsbibliothek Deutschlands bilden. Oder einen Blick auf die High-Tech-Scanner werfen, mit denen das Museum seine Bücher digitalisiert.
Die wenigsten Menschen, die das Deutsche Museum besuchen, schauen sich auch die Bibliothek des Museums an. Dabei lohnt sich ein Besuch: In der Eingangshalle ist ein Original-Uhrwerk aus der Frauenkirche zu bestaunen, im Raum daneben gibt es immer wieder kleine Sonderausstellungen, und viele Studierende haben Stunden in einem der Lesesäle verbracht, weil man da so schön in Ruhe lernen kann.
Was sich aber in den Räumen daneben und im Magazin im Obergeschoss verbirgt, wissen die Wenigsten. Zeitschriften, die es noch genau einmal vollständig auf der Welt gibt – nämlich hier. Das erste Lufthansa-Magazin mit dem schönen Namen „Ikarus“. Und eben die „Libri rari“, jene seltenen 15 000 Bücher, auf die das Museum besonders stolz ist und die man sich in einem besonderen Leserraum ansehen kann. Nach Anmeldung, versteht sich. „Wir haben eine Sammlung von seltenen Originalen aus dem 15. bis zum 18. Jahrhundert, von Albertis Architekturtheorie ‚De re aedificatoria‘ über Galileis ‚Dialogo‘ bis hin zu Peter Apians prachtvoll illustriertem Astronomie-Buch“, sagt Helmut Hilz, der die Bibliothek des Deutschen Museums seit 1998 leitet.
Schon für Oskar von Miller, den Gründer des Museums, war die Museumsbibliothek ein wichtiges Projekt: „Für sein Ziel, einem möglichst breiten Publikum Naturwissenschaft und Technik nahezubringen, setzte Oskar von Miller von Anfang an neben eindrucksvollen Exponaten auf die Macht der Bücher“, sagt Generaldirektor Wolfgang M. Heckl. Zur Eröffnung der Bibliothek des Museums im Jahr 1932 berichtete sogar die „New York Times“ in einem Gastbeitrag Oskar von Millers.
„International findet sich nirgendwo sonst ein vergleichbarer Bestand an Original- und Sekundärliteratur zu Natur- und Technikwissenschaften im Zeitraum zwischen 1700 und 1950“, sagt Helmut Hilz. „Natürlich nutzen viele Forscher diese einzigartigen Ressourcen, aber unsere Einrichtung steht grundsätzlich allen offen, die sich für Naturwissenschaften, Technik und Umwelt interessieren.“
Am Sonntag, 23. April, zum Welttag des Buches, möchten Hilz und sein Team genau diese Offenheit demonstrieren: Die Bibliothek ist von 9 bis 17 Uhr geöffnet – und zwischen 10 und 16 Uhr erwartet die Besucherinnen und Besucher ein umfangreiches Programm. Selbst im Lesesaal, wo sonst die Lernenden in aller Stille über Büchern und Zeitschriften brüten, wird ausnahmsweise laut gesprochen: beim Expertendialog über künstliche Intelligenz, bei einer Lesung über Phänomene der Physik, bei inspirierenden Erzählungen über mutige und entschlossene Erfinderinnen.
Ein Büchertisch des Museumsshops macht an diesem Tag möglich, was sonst in der Präsenzbibliothek unmöglich ist: Hier kann man nicht nur schmökern und stöbern, sondern die Bücher auch mit nach Hause nehmen. Führungen, Lesungen und Workshops in der hauseigenen Buchbinderwerkstatt gibt es gratis – hier gilt, wie immer in der Bibliothek des Deutschen Museums: Eintritt frei! Für die Führungen und die Workshops ist jedoch eine Anmeldung vorab nötig, weil die Plätze begrenzt sind. Der Zugang zur Bibliothek erfolgt über den Museumshof zwischen Zenneck- und Boschbrücke. Anmeldungen und weitere Infos zum Programm unter: www.deutsches-museum.de/forschung/bibliothek/buchtag
Bild 1/6
Die erste gedruckte Stadtansicht von München in der Schedel’schen Weltchronik von 1493.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Abbildung: Deutsches Museum
Bild 2/6
Eine Seite aus Juan de Valverdes Anatomie-Buch von 1560.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Abbildung: Deutsches Museum
Bild 3/6
3D-Scan des Herzmodells aus Gips.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Abbildung: Deutsches Museum Digital
Bild 4/6
Herr über eine Million Bücher: Helmut Hilz, der Leiter der Bibliothek, an einem Regal im Magazin.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Foto: Deutsches Museum
Bild 5/6
Gäste bei einer Führung durchs Magazin der Bibliothek.
Frei zur Veröffentlichhung nur mit dem Vermerk
Foto: Deutsches Museum
Bild 6/6
Der gut besuchte Büchertisch beim Tag der offenen Tür in der Bibliothek im Jahr 2017.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Foto: Deutsches Museum
Zahlen und Fakten zur Bibliothek des Deutschen Museums
Standort: Museumsinsel München, Eingang gegenüber dem Ausstellungsgebäude des Deutschen Museums
Gegründet 1903 (zusammen mit Museum und Archiv Bestandteil der Gründungssatzung)
Eröffnung auf der Museumsinsel am 7. Mai 1932
Spezialbibliothek für Naturwissenschafts-, Technik- und Umweltgeschichte
Daneben auch aktuelle naturwissenschaftlich-technische Grundlagenliteratur.
Präsenzbibliothek (Ausleihe außer Haus nur in Ausnahmefällen möglich)
Größte Museumsbibliothek Deutschlands (bezogen auf den Bestand)
Gesamtbestand:
- Rund 991 000 Bände
- 31 500 Periodika
- 54 000 E-Journals und Datenbanken
Moderne Literatur:
- Schwerpunkt Aktualisierung der naturwissenschaftlich-technischen Grundlagenliteratur sowie der Erwerb der Sekundärliteratur zur Geschichte der Naturwissenschaften, Technik und Umwelt
- Zeitschriften: 1650 laufend bezogen (überwiegend in den Lesesälen einsehbar), darüber hinaus rund 31 500 Titel an älteren, oft überaus seltenen Zeitschriften
- Nachschlagewerke (Enzyklopädien, Lexika, Bibliografien, Bibliothekskataloge, Firmen- und allgemeine Adressbücher sowie Bibliotheks-, Hochschul- und Museumsverzeichnisse)
Historischer Bestand:
- Mehr als 15 000 „Libri rari“ („seltene Bücher“), vom späten 15. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts erschienene Werke aus allen Gebieten der Naturwissenschaft und Technik, u. a. von Peter Apian, Galileo Galilei oder Anna Sybilla Merian
- 300 000 Bände aus dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (darunter
20 000 Titel an Periodika, oft im Alleinbesitz der Bibliothek des Deutschen Museums) - Patentschriftensammlung: mehr als 600 000 Stück (deutsche Patente von 1877 bis 1970, britische Patente von 1617 bis 1905, außerdem Patenschriften Frankreichs, Österreichs, der Schweiz und der USA)
Neuerwerbungen: ca. 5000 Bände Bücher und Zeitschriften pro Jahr, davon
- Schenkungen im Wert von jährlich etwa einer halben Million Euro (Verlage, Unternehmen, öffentliche Einrichtungen, Privatpersonen) => zwei Drittel der Bücher, vier Fünftel der Zeitschriften
- Kauf (Jahresetat für Ankäufe: 250 000 Euro)
- Tausch (Bibliotheken, Forschungsinstitute, Akademien, Museen, Universitäten)
Lesesäle:
- Zwei Lesesäle (ein historischer und ein naturwissenschaftlich-technischer) mit 120 Arbeitsplätzen auf ca. 1500 Quadratmetern (Erdgeschoss, Ostflügel); 25 000 Bände im Freihandbestand; Bücherausgabe; Buchkopierer und Buchscanner; Mikrofiche-Reader-Printer; vier Internet-Rechercheplätze;
- W-Lan; Rara-Lesesaal (Benutzung nur mit Anmeldung)
Magazin: 25 000 Regalmeter auf 5000 Quadratmetern über zwei Ebenen (umlaufend im dritten Obergeschoss)
Scannerraum mit zwei Buchscannern (2004 und 2011 angeschafft)
Lesesaalbesucher: 50 000 pro Jahr (ohne Museumsangehörige)
Die Bibliothek wendet sich an alle, die sich für Naturwissenschaften und Technik interessieren, sowie an Naturwissenschafts- und Technikhistoriker. Sie ist öffentlich zugänglich, es werden keine Benutzungsgebühren und kein Eintritt erhoben.
Geöffnet täglich von 9 bis 17 Uhr
Anzahl Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen: 27
Bild 1/1
Blick ins Magazin.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Foto: Deutsches Museum
Ausgewählte Schätze aus der Bibliothek
Zehn aus 15.000: Einblicke in die Welt der „Libri rari“ – mit Themen von rein pflanzlicher Schönheit über energiesparende Öfen bis zum Taschen-DioramaSämtliche Abbildungen sind frei zur Veröffentlichung mit dem Vermerk
Abbildung: Deutsches Museum (soweit nicht anders angegeben)
1. Werbung fürs Handwerk
Faßliche Beschreibung der gemeinnützlichsten Künste und Handwerke für junge Leute (1804)
Fleischer, Bierbrauer, Schneider – kennt man. Rauchhändler, Kardetschenmacher oder Pergamenter begegnen uns heutzutage dagegen eher selten. In der „Faßlichen Beschreibung“ aus dem Jahr 1804 sind noch weitere 80 Handwerksberufe aufgelistet und detailliert beschrieben. Viele davon sind mittlerweile ganz verschwunden oder wurden durch die industrielle Fertigung verdrängt.
Johann Peter Voit (1747–1811), der in Schweinfurt als Pädagoge und Theologe arbeitete, schrieb, um Kinder und Jugendliche für Naturgeschichte und Handwerk zu begeistern. Seine „Faßliche Beschreibung der gemeinnützlichsten Künste und Handwerke für junge Leute“ erschien in zwei Teilen 1788 und 1790 in Nürnberg. Das Werk wandte sich an Jugendliche aus bürgerlichen Schichten, die sich für Handwerksberufe interessierten.
Jeweils rund acht Seiten widmet Voit der Vorstellung der verschiedenen Handwerksberufe. Er schildert darin die Entstehung und Bedeutung des jeweiligen Handwerks und geht vor allem auf die zur Ausübung notwendigen Kenntnisse, die Arbeitsgänge und den Ausbildungsweg ein. Einen besonderen Reiz dieses Werks im Oktavformat machen auch die den Berufsbeschreibungen vorangestellten, von A. Gabler und G. Vogel gefertigten Kupferstiche aus. Die durchgehend kolorierten Abbildungen stellen die Handwerker in ihrer jeweiligen Arbeitsumgebung dar. Heutigen Lesern bietet das Werk ein nahezu vollständiges Panorama der Handwerksberufe und einen Einblick in den Arbeitsalltag um 1800.
Die Abbildung zum Download
2. Der erste Atlas der Welt
Theatrum Orbis Terrarum (1571)
Das „Theatrum Orbis Terrarum“ (auf Deutsch etwa „Schauplatz des Erdkreises“) des flämischen Geographen und Kartographen Abraham Ortelius (1527-1598) ist tatsächlich das erste gebundene Kartenwerk der Welt und zählt zu den prachtvollsten Bänden in der Bibliothek des Deutschen Museums. Zuvor existierten nur Karten für einzelne Gebiete, die oft streng geheim gehalten wurden, da deren Besitz für Kaufleute und Militärs von entscheidender Bedeutung sein konnte.
Ortelius‘ erstmals 1571 erschienenes Werk stellte die Kenntnisse der besten Geographen der Zeit zu Beginn des letzten Drittels des 16. Jahrhunderts einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung. Die ersten fünf Karten des „Theatrum Orbis Terrarum“ zeigen die damals bekannte Welt und die Kontinente Amerika, Asien, Afrika und Europa. Vor allem die Südhalbkugel war noch weitgehend unbekannt, Australien noch nicht entdeckt. Im Geschmack der Zeit ließ Ortelius die Karten mit mythologischen Darstellungen und der Abbildung von nautischen Geräten oder Schiffen verzieren. Den 53 Blättern mit ihren insgesamt 69 Karten stellte Ortelius jeweils eine kurze lateinische Einleitung voran, die das dargestellte Gebiet kurz beschreibt.
Bis 1612 erschienen 42 Ausgaben dieses Werks in sieben Sprachen, die mit dem Anwachsen der geographischen Kenntnisse immer wieder um neue Karten erweitert wurden. Auch die im Besitz der Bibliothek des Deutschen Museums befindlichen Ausgaben spiegeln dies wider. Während die 1571 erschienene Ausgabe noch keine zusätzlichen Blätter enthält, waren in der 1579 publizierten Ausgabe bereits 38 weitere, insgesamt also 91, enthalten.
Mehr:https://www.deutsches-museum.de/forschung/bibliothek/unsere-schaetze/reisen/theatrum-orbis-terrarum
Die Abbildung zum Download
3. Schönheit – rein pflanzlich
Herbarium Blackwellianum Emendatum Et Auctum (1750)
Eines der farbenfrohesten Bücher im Bestand der Bibliothek ist das „Herbarium Blackwellianum“, das von 1750 bis 1773 in sechs Bänden erschien. Neu herausgegeben vom Nürnberger Arzt und Botaniker Christoph Jacob Trew (1695–1769), enthält es 600 bemerkenswerte, kolorierte Kupferstiche von verschiedensten Pflanzen, die auf den Zeichnungen der Engländerin Elizabeth Blackwell (1707–1758) beruhen.
Blackwell fertigte die ursprünglichen Stiche auf Basis echter Pflanzen im Chelsea Botanical Garden an und veröffentlichte sie in einem zweibändigen Werk names „A Curious Herbal“ (1737–1739), um damit Geld zum Freikauf Ihres Mannes zu verdienen, der in Schuldhaft gehalten wurde. Dies gelang ihr tatsächlich durch den Verkauf ihres sehr erfolgreichen Buches – was ihren Mann jedoch nicht daran hinderte, sich kurz danach erneut zu verschulden und nach Landesflucht nach Schweden dort wegen der Beteiligung an einer Verschwörung hingerichtet zu werden.
Blackwells Werk bestach vor allem durch die künstlerische Qualität der von ihr hergestellten Abbildungen – die sie nicht nur selbst zeichnete, sondern auch persönlich in Kupfer stach und anschließend kolorierte. Da sie allerdings keine wissenschaftliche, botanische Ausbildung besaß, überarbeitete der Botaniker Trew ihr Werk nach wissenschaftlichen Standards: Er ordnete die Pflanzen nach der Systematik von Linné, fügte Erläuterungen hinzu und ließ alle Abbildungen noch einmal neu stechen.
Die Abbildung zum Download
4. Voller Geheimnisse
Synoptic tables for the solution of ciphers and a bibliography of cipher literature (1918)
William Frederick Friedman (1891–1969) begann sich bereits vor dem Ersten Weltkrieg mit der Verschlüsselung und Entschlüsselung von Informationen, der Kryptologie, zu beschäftigen. Mit dem Kriegseintritt der USA 1917 trat Friedman als Kryptologe in den Dienst der US-Regierung.
Er veröffentlichte 1918 mit seinen „Synoptic tables for the solution of ciphers and a bibliography of cipher literature” eine für die weitere Entwicklung der Kryptographie grundlegende Arbeit. Außerhalb der USA ist dieses in kleiner Auflage gedruckte Werk heute nur in der Bibliothek des Deutschen Museums nachgewiesen.
Friedman entwickelte eine statistische Methode, den Friedman-Test sowie den Koinzidenzindex, um verschlüsselte Texte auf sprachliche Eigenschaften zu untersuchen und insbesondere die Schlüssellängen zu ermitteln. Sie fand später auch in der Linguistik und bei der Entzifferung historischer Schriftdokumente Anwendung.
Friedman, der kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs mit dem Aufbau einer Geheimabteilung des US-Militärs zur Entzifferung feindlicher Nachrichten begonnen hatte, gelang es zusammen mit seinem Team, die japanische Verschlüsselungsmaschine zu entschlüsseln und später sogar nachzubauen. 1946 wurde Friedman mit der Medal of Merit die damals höchste Auszeichnung der USA verliehen und 1999 in die Hall of Fame der National Security Agency aufgenommen.
Die Abbildung zum Download
5. Sinnlicher Klassiker der Kulturgeschichte
The Book of Perfumes (1865)
Mit Patrick Süskinds „Das Parfum“ gelangte das Thema der Duftstoffe und des menschlichen Geruchs 1985 in die Belletristik. Großen Erfolg mit diesem Sujet hatte aber bereits 120 Jahre früher Eugène Rimmel mit „The Book of Perfumes“, das heute zu den Klassikern der Kulturgeschichte zählt. Das Werk ist 1865 in London beim Verlagshaus Chapman and Hall erschienen, 1870 folgte die Übersetzung ins Französische. Im Zuge von Süskinds Erfolg wurde es in Deutschland, Frankreich und Großbritannien neu aufgelegt.
Der Autor dieses Buchs, Eugène Rimmel (1820–1887), war der Sohn eines international bedeutenden französischen Parfümeurs. Die Firma Rimmel stellte seit 1834 in London Parfums her, später kamen Filialbetriebe in Neuilly bei Paris, Nizza und Liège hinzu. Eugène Rimmel führte dieses Unternehmen äußerst erfolgreich fort. Zu Beginn der 1860er-Jahre verwandte er übrigens als erster den Eukalyptus für Parfums. Die noch heute existierende Firma Rimmel gehört zu den traditionsreichsten Kosmetikunternehmen weltweit.
„The Book of Perfumes“ ist das Ergebnis jahrzehntelanger historischer Arbeit, doch verfolgte der Autor damit durchaus auch Marketingziele: mit seiner Darstellung verlieh Rimmel dem Parfum die Aura eines traditionsreichen Kulturguts, um den schwächelnden Absatz zu fördern. Das gut 250 Seiten umfassende „The Book of Perfumes“ behandelt nach einer knappen Einführung die weltweite Geschichte der häufig auch für medizinische Zwecke genutzten Duftstoffe. Vom Alten Orient ausgehend, schildert Rimmel Herstellung und Verwendung von Parfums bei den Griechen und Römern ebenso wie in Ostasien und bei den Naturvölkern. Abgerundet wird die Darstellung durch einen Blick auf die Moderne und die kommerzielle Nutzung von Pflanzen und tierischen Duftstoffen.
Die Bibliothek des Deutschen Museums ist eine der wenigen Bibliotheken, die die englische Originalausgabe wie auch die französische Übersetzung besitzen. Die beiden Ausgaben enthalten zahlreiche Holzsschnitte, die überwiegend für Rimmels Buch angefertigt wurden. Die französische Übersetzung enthält daneben viele Farbabbildungen.
Mehr:https://www.deutsches-museum.de/forschung/bibliothek/unsere-schaetze/chemie/book-of-perfumes
Die Abbildung der Fleurs Europeenes zum Download
6. Das Älteste
Poeticon Astronomicon (1482)
Gut ein halbes Jahrtausend, genauer gesagt 541 Jahre alt, ist das älteste Werk in unserem Bestand, das „Poeticon Astronomicon“ aus dem Jahr 1482.
Es handelt sich um den ersten gedruckten Atlas von Sternbildern und Planeten aus der Werkstatt von Erhard Ratdolt (1447–1528). Der Augsburger Drucker hatte für dieses Werk einen aus der römischen Antike stammenden astronomischen Text mit eigenen Holzschnitten bebildert.
Der Verfasser des „Poeticon Astronomicon“ war vermutlich der römische Philologe und Bibliothekar Julius Hyginus (um 60 v. Chr. – 4 n. Chr.) Allerdings haben die Positionen der Sterne in Ratdolts Bildern wenig zu tun mit dem, was im „Poeticon Astronomicon“ beschrieben wird und noch weniger mit den tatsächlichen Standorten der Sterne am Himmel.
So kann man streng genommen nicht wirklich von einem Sternen-Atlas sprechen. Dafür wurden die Darstellungen aus dem „Poeticon Astronomicon“ zu Prototypen für die nachfolgenden Illustrationen von Widder, Wassermann und Co. Das Original aus dem Jahr 1482, das mit „Clarissimi Viri Iginij Poeticon Astronomicon Opus vtilissimu foeliciter Incipit“ überschrieben ist, wird natürlich in unserer Rara-Sammlung aufbewahrt.
Der kunstvolle Druck ist vollständig digitalisiert und kann jederzeit unter http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0005/bsb00054123/images/ auch ohne Schutzhandschuhe durchblättert werden.
Die Abbildung zum Download
7. Energiesparen anno 1666
Furnologia oder Haushältliche Oefen-Kunst (1666)
Die Wahl einer möglichst kostengünstigen, auch ökologisch unbedenklichen Heizungsanlage ist ja derzeit ein brandaktuelles Thema – Stichwort Wärmewende. Allerdings war Energiesparen aus wirtschaftlichen Gründen auch schon in der frühen Neuzeit angesagt. Da damals fast ausschließlich Holz zum Heizen verwendet wurde, ging es also um die Frage der „Holzersparnis“. Die Idee lag nahe, durch bessere Öfen, den Verbrauch des knappen und teuren Rohstoffs zu reduzieren.
Vom 16. Jahrhundert bis zum Beginn der Industrialisierung im frühen 19. Jahrhundert entwickelte sich eine richtiggehende Sparofen-Literatur mit Hunderten von Schriften, deren praktischer Nutzen sich allerdings letztlich in engen Grenzen hielt. Die Bibliothek des Deutschen Museums besitzt eine breite Auswahl von Werken dieser Art, in denen erstmals das Thema Energiesparen im Mittelpunkt steht.
Eines der frühesten in Deutschland erschienenen Werke zum Thema „Holzersparnis“ verfasste Georg Andreas Böckler (1617–1687) unter dem Titel „Furnologia oder Haushältliche Oefen-Kunst“, das 1666 in Frankfurt am Main erschien. Das Wort furnus ist die lateinische Bezeichnung für Ofen. Darin behandelt Böckler auf gerade einmal 23 Seiten Öfen mit ganz unterschiedlichen Verwendungszwecken: zum Wärmen, Kochen und Waschen.
Viele seiner Ideen erscheinen uns heute ganz offenkundig, waren es aber im 17. Jahrhundert nicht. Wesentlich waren aus seiner Sicht der Bau einer geschlossenen, ummauerten Feuerung und die Schaffung eines genügenden Zuges, ohne dass zugleich ein zu rascher Abzug der Wärme eintritt. Für den richtigen Zug sollte vor allem ein eiserner Rost sorgen, auf dem das Holz aufgeschichtet wurde. Auch weist Böckler auf die Bedeutung der richtigen Dimensionierung des Ofens hin. Überraschend ist sein Vorschlag, durch eine entsprechende Führung der Rohre den Fußboden zu erwärmen – also unsere heutige Fußbodenheizung.
Die kleine Schrift Böcklers ist reichhaltig mit Kupferstichen illustriert, was das Verständnis seiner Verbesserungsvorschläge wesentlich erleichtert. Nicht zuletzt deshalb war die Schrift Böcklers bis zum Ende der Sparofen-Literatur für die nachfolgenden Autoren ein wichtiger Bezugspunkt.
Mehr:https://www.deutsches-museum.de/forschung/bibliothek/unsere-schaetze/technik/furnologia
Die Abbildung zum Download
8. Das erste Fotobuch
Sun Pictures in Scotland (1845)
Das 1845 erschienene Buch „Sun Pictures in Scotland“ von William Henry Fox Talbot (1800–1877) enthält 23 von Hand gefertigte und einzeln eingeklebte Fotografien, die Landschaften und Gebäude in Schottland zeigen. Diese frühen Zeugnisse der Fotografie präsentieren sich heute in zarten Braun- und Beige-Tönen, denn aufgrund ihrer Herstellungsweise sind sie lichtempfindlich und verblassen vergleichsweise schnell. Als sogenannte Kalotypien entstehen sie, indem Sonnenlicht durch eine Kamera auf ein mit lichtempfindlichen Materialien behandeltes Blatt Papier fällt. Das so entstandene Negativ dient dann als Vorlage, um durch Kontaktabzüge die fertigen Fotografien anzufertigen.
William Henry Fox Talbot, der 1834 mit seinen Forschungen zur Fototechnik begann und diese 1839 – kurz nach Bekanntwerden der Entwicklung der Daguerrotypie durch Louis Daguerre – veröffentlichte, gilt damit noch heute als Erfinder des Positiv-Negativ-Verfahrens, das bis zum Aufstieg der Digitalkameras die Grundlage der Fotografie werden sollte.
1844 begann Talbot mit der Publikation des nie fertiggestellten Fortsetzungswerks „The Pencil of Nature“, das die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten der Kalotypie vorstellen sollte und die ersten Fotografien in einem kommerziell verlegten Buch enthielt. „Sun Pictures in Scotland“ folgte ein Jahr später und ist das erste in sich abgeschlossene, fotografisch illustrierte Buch. Nach Recherchen der schottischen Nationalbibliothek existieren von der ursprünglich 100 Stück starken Auflage heute nur noch ca. 20 vollständige Exemplare – eines davon in der Bibliothek des Deutschen Museums.
Die Abbildung zum Download (bitte unter Angabe des Vermerks: Public Domain, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Henry_Fox_Talbot_-_Loch_Katrine_Pier,_Scene_of_%22the_Lady_of_the_Lake%22_-_B2018.20.6_-_Yale_Center_for_British_Art.jpg?uselang=de)
9. Aus weitester Ferne
I hsiang t’u. Liber organicus astronomiae Europaeae apud Sinas restitutae (1673/74)
Ferdinand Verbiests (1623–1688) Werk zur Astronomie mit dem Titel „I hsiang t’u. Liber organicus astronomiae Europaeae apud Sinas restitutae“ entstand zwischen 1668 und 1674 in Peking, im Zuge von Verbiests Missionarstätigkeit als Jesuit in China, die ihn 1660 an den Kaiserhof führte. Als Nán Huáirén übernahm er dort die Leitung des Astronomischen Amts und des Observatoriums und führte damit die Arbeit seiner Vorgänger, der beiden Jesuiten Johannes Schreck und Johann Adam Schall von Bell weiter.
Bereits Schreck und Schall von Bell führten in China astronomische Instrumente ein, darunter das Teleskop. Auch Verbiests Werk befasst sich mit astronomischen Instrumenten, von denen er einige nach dem Vorbild Tycho Brahes im Pekinger Observatorium nachbauen ließ.
Verbiest gilt als Vertreter des geozentrischen Weltbildes, die Ansichten von Kopernikus, Galilei, Kepler und Newton lehnte er ab. Sein Werk ist aber nicht nur von ideengeschichtlicher Bedeutung, sondern auch aus buchhistorischer Perspektive interessant, denn es wurde im damals in China genutzten Blockdruckverfahren hergestellt und enthält ganzseitige Illustrationen von hoher Qualität. Vermutlich war es ursprünglich leporelloartig gestaltet, zu einem späteren Zeitpunkt aber in kleinere Teile zerlegt. Das Besondere am Museumsexemplar: Es enthält auf einigen Tafeln handgeschriebene chinesische Kommentare. Zudem zählt es zu den am vollständigsten überlieferten Ausgaben, da lediglich eine einzelne Tafel fehlt. Im Raritäten-Bestand der Bibliothek ist es das Werk, das den weitesten Weg bis zur Museumsinsel hatte.
Die Abbildung zum Download
10. Das Taschen-Diorama
Deutschlands erste Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth (ca. 1835)
Das Aufkommen der Eisenbahn in den 1830er führte zu fundamentalen Umwälzungen im Bereich der Mobilität, die ihren Niederschlag nicht zuletzt in der zeitgenössischen Publizistik fanden und in der Folge zahlreiche Eisenbahnbücher füllten.
Wie groß die Neugier an dieser neuen Technik war, zeigen einige besonders kreativ gestaltete Bücher, darunter ein in der Museumsbibliothek aufbewahrtes Exemplar mit dem Titel „Deutschlands erste Eisenbahn“, das zwischen 1835 und 1840 angefertigt wurde und die Zugfahrt von Nürnberg nach Fürth darstellt.
Das Werk, ein sogenanntes Diorama, präsentiert sich nicht als Buch im klassischen Sinne, sondern wurde als Kombination aus Guckkasten und Leporello entwickelt. Die Betrachterinnen und Betrachter schauen dabei durch drei Öffnungen im Einband, die den Blick auf den fahrenden Zug, die angrenzende Landschaft sowie eine an den Gleisen stehende Menschenmenge eröffnen. Der perspektivische Eindruck, der sich dabei bietet, resultiert aus der Aneinanderreihung verschiedener Abbildungen, die geschickt hintereinander platziert wurden.
Die als Federlithographie bezeichnete Bebilderung wurde von G. W. Faber in Nürnberg erstellt. Es wird daher angenommen, dass das gesamte Werk in Nürnberg gedruckt und verlegt wurde, wenn auch konkrete Angaben zu Druckort und Verleger fehlen.
Die Abbildung zum Download