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Der Werkzeugkasten der Astronomie in chinesischem Holztafeldruck

Ferdinand Verbiest (1623–1688) studierte seit 1640 an der Universität und anschließend am Jesuitenkolleg in Löwen. Dem Jesuitenorden selbst gehörte er seit 1641 an. Zeitlebens sollte er ein Vertreter des alten, geozentrischen Weltbildes bleiben und Kopernikus’ Erkenntnisse ebenso ablehnen wie die seiner eigenen Zeitgenossen Galilei, Kepler und Newton.

Nachdem er für seine künftigen astronomischen und mathematischen Aufgaben im portugiesischen Coimbra ausgebildet worden war, reiste Verbiest 1660 nach China und übernahm am Kaiserhof in Peking 1669 die Leitung des Astronomischen Amts und des Observatoriums. Er war damit Nachfolger von Johann Terenz Schreck und Johann Adam Schall von Bell, die das Teleskop nach China gebracht hatten. Sie alle gehören zu einer ganzen Reihe von Jesuiten, die im China des 17. und 18. Jahrhunderts in oft wichtigen Positionen wissenschaftlich tätig waren. Sie dienten den Kaisern als Mathematiker, Astronomen, Kartographen, Übersetzer, Maler und Musiker und brachten wissenschaftliche Erkenntnisse aus Europa nach China. Umgekehrt vermittelten sie aber auch Wissen über China nach Europa.

Für das Pekinger Observatorium ließ Verbiest 1669 bis 1673 astronomische Instrumente nach dem Vorbild Tycho Brahes bauen. Wohl zwischen 1668 und 1674 arbeitete Verbiest in Peking an seinem „I hsiang t’u“ oder „Liber organicus astronomiae Europaeae apud Sinas restitutae“ ein diese Instrumente behandelndes Werk. Neben astronomischen Instrumenten sind aber auch andere technische Objekte dargestellt. Das Buch wurde mit Hilfe des in China üblichen Blockdruckverfahrens hergestellt und enthält ganzseitige Illustrationen von großer Qualität.

Das im Deutschen Museum befindliche Exemplar des „Liber organicus“ wurde 1916 bei dem Antiquariat Martinus Nijhoff in Amsterdam erworben. Ursprünglich war es vermutlich leporelloartig gestaltet, wurde aber später in kleinere Teile zerlegt. Von den wenigen anderen erhalten gebliebenen Exemplaren unterscheidet sich das des Deutschen Museums durch die handgeschriebenen chinesischen Kommentare auf einigen der Tafeln. Mit nur einer fehlenden Tafel ist es eines der am vollständigsten erhaltenen Exemplare.

Literatur:

Ferdinand Verbiest(1623–1688) – Jesuit Missionary, Scientist, Engineer and Diplomat. Hrsg. von John W. Witek. Nettetal 1994. Zum Katalogeintrag

Golvers, Noël: Ferdinand Verbiest, S.J. (1623–1688) and the Chinese heaven –the composition of the astronomical corpus, its diffusion and reception in the European republic of letters. Leuven 2003. Zum Katalogeintrag