Der Lilienthal-Gleiter ausgebreitet in der Aufsicht. Die Konstruktion weißt Schäden auf, einiges ist noch sehr gut original erhalten. — Der originale Normal-Segelapparat von Otto Lilienthal im Deutschen Museum Bild: Deutsches Museum, Hubert Czech

Konservierungswissenschaft

Operation Lilienthal

Die ersten Tage des Fliegens am Original erleben. Dafür ist Otto Lilienthals Normal-Segelapparat nun in einem eigenen Atelier in der Flugwerft Schleißheim untergebracht. Alle Spuren der spannenden Objektgeschichte werden sorgfältig dokumentiert, konserviert und für BesucherInnen der neuen Ausstellung erforscht.

Inhalt

Bearbeitet von

Dr. Charlotte Holzer
Wissenschaftliche MitarbeiterinRestaurierung und Ausstellungstechnik, Ausstellungsprojekt Historische Luftfahrt, Schiffe und Meer
Andreas Hempfer
KuratorAbteilung Luftfahrt bis 1945
Dr. Marisa Pamplona Bartsch
Leitung Abteilung Konservierungswissenschaft
Dr. Robert Kluge
Leitung Flugwerft Schleißheim (kommissarisch) und Kurator für Luftfahrt nach 1945Abteilung Luftfahrt

Projektbeschreibung

Seit 1904 fasziniert der Normal-Segelapparat von Otto Lilienthal BesucherInnen und ForscherInnen im Deutschen Museum gleichermaßen. Dieser stumme Zeitzeuge der ersten Schritte zum Menschenflug ist jedoch heute in einem sehr fragilen Zustand. Ihn zu erhalten gelingt nur durch die Zusammenarbeit der Restaurierungsforschung, der Werkstätten und der Kuratoren. Wir behandeln Fragen zur Geschichte des Gleiters während der Flugversuche und im Museum, analysieren die originalen Materialien, aber auch Reparaturen und diskutieren Methoden für die Reinigung und Stabilisierung. Eine besondere Herausforderung wird die Gestaltung der neuen Vitrine.

Die Flügel vom Normal-Segelapparat von Otto Lilienthal (2020). Bild: Deutsches Museum | Hubert Czech

Weitere Projektbeschreibung

Das Gestellkreuz vom Normal-Segelapparat in der Dauerausstellung der Flugwerft Schleißheim (2020). Bild: Deutsches Museum | Hubert Czech

Interdisziplinäre Arbeitsweise

Die Zusammensetzung des Teams ergibt sich aus den Fragestellungen im Projekt. Von Seiten der Restaurierung erarbeiten Spezialisten für Textil, Holz und Metall Maßnahmenkonzepte. Dabei sollen die eng miteinander verbundenen Materialien weder isoliert voneinander untersucht noch getrennt restauriert werden. Die geschichtliche und technische Bedeutung jedes einzelnen Bauteils für sich und für den Normal-Segelapparat im Ganzen wird gemeinsam mit dem Kurator für Historische Luftfahrt, aber auch mit Experten außerhalb des Deutschen Museums diskutiert.

Blick in das Restaurierungsatelier für den Normal-Segelapparat (2020) Bild: Charlotte Holzer | Charlotte Holzer

Das Atelier in der Flugwerft Schleißheim

Die Erforschung und Restaurierung des Normal-Segelapparats erstreckt sich über einen längeren Zeitraum. Daher wurde für das Exponat ein Raum mit sicheren Umgebungsbedingungen geschaffen: Klimageräte regeln die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur, UV-Schutzfolie und Verschattungen an den Fenstern schützen vor Licht, es findet ein regelmäßiges Schädlingsmonitoring statt. Der Gleiter selbst liegt auf einer Unterlage aus chemisch stabilen Materialien. Vergleichbare konservatorische Anforderungen an den Exponatschutz sind auch für die künftige Ausstellung „Historische Luftfahrt bis 1918“ vorgesehen.

Lilienthal und sein Normal-Segelapparat, 13.08.2021

Bildergalerie

Inhaltskarussell überspringen

Otto Lilienthal beim Flug mit dem Normal-Segelapparat, der 1904 ins Deutschen Museum kam (Fliegeberg in Berlin-Lichterfelde, 29.6.1895) Bild: Deutsches Museum, Archiv

Originale Konstruktionszeichnung des Normal-Segelapparats von Otto Lilienthal (4.2.1895). Bild: Deutsches Museum, Archiv

Normal-Segelapparat Lilienthalgleiter — Aufnahme zwischen 1886 und 1904, als der Normal-Segelapparat im Besitz des Patentbüros Reichau & Schilling, Berlin, war. Bild: Deutsches Museum

Präsentation des Gleiters als Unterdeck eines Doppeldeckers in der provisorischen Ausstellung des früheren Bayerisches Nationalmuseum, Maximilianstrasse 26 (1906–1909) Bild: Deutsches Museum

Weitere provisorische Ausstellung in der ehemaligen Schweren Reiterkaserne, Zweibrückenstraße 12 (1909–1925). Bild: Deutsches Museum, Archiv

Dauerausstellung zur „Luftfahrt“ in der Alten Luftfahrthalle, Museumsinsel 1 (1925–1942). Bild: Deutsches Museum, Achiv

Zustandsdokumentation des Lilienthalgleiters nach dem Zweiten Weltkrieg — Zustandsdokumentation nach dem Zweiten Weltkrieg (um 1958). Bild: Deutsches Museum, Archiv

Aufbewahrung der originalen Fragmente in einer Kiste im Depot (1956–1989). Bild: Deutsches Museum, Abteilung Luftfahrt

Originale Fragmente des Lilienthal Gleiters — Ausbreiten und Untersuchung der originalen Fragmente des Gleiters durch Christian Piepenburg, ehem. Mitarbeiter der Flugzeugwerkstatt und Gerhard Filchner, Betriebsleiter Flugwerft Schleißheim (1989). Bild: Deutsches Museum, Archiv

Charlotte Holzer bei der Materialidentifikation an den metallenen Spandrähten mit einem tragbaren Gerät zur Röntgenfluoreszenzanalyse (2020) Bild: Christian Winkler | Christian Winkler

KuratorInnen bei der Planung der Präsentation mit Mitarbeitern der Flugzeugwerkstatt und der Restaurierungsforschung (2020). Bild: Tatjana Dietl | Tatjana Dietl

Veranstaltungen

Aktuelles

Einblick in das Restaurierungsatelier in der Flugwerft Schleißheim

Vorträge

Restaurierungskolloquium Technoseum, Mannheim, 24.03.2022
Lilienthals Normal-Segelapparat im Deutschen Museum. Spuren der Vergangenheit erforschen und erhalten,
18.10.2021, Artefacts Meeting, Across the Atlantic: The Conservation of Two Original Gliders by Otto Lilienthal, Charlotte Holzer (Deutsches Museum) and Deborah Duerbeck Parr (National Air and Space Museum),
http://www.artefactsconsortium.org/Meetings/MeetingsCurrentF.html
München, DM Flugwerft Schleißheim, digitales Expertentreffen, 23.10.2020: Operation Lilienthal. Restaurierung des Normal-Segelapparats von Otto Lilienthal (1894) (Charlotte Holzer, Andreas Hempfer, Quirin Küchle, Mathias Winkler).
Anklam, Otto-Lilienthal-Museum, Festveranstaltung für Dr. Bernd Lukasch, 6.12.2019: Der Normal-Segelapparat von Otto Lilienthal. Konservierung und neues Ausstellungskonzept (Charlotte Holzer)

Veröffentlichungen

Stoessel, Rainer; Donner, Teresa; Mosch, Michael; Pamplona, Marisa; Hempfer, Andreas; Kiefel, Denis; Grosse, Christian: Computed Tomography Testing at Remains of a Glider from Otto Lilienthal, in: 8th Conference on Industrial Computed Tomography, http://www.ndt.net/?id=21909, Wels 2018, S. 1–6.