„Das größte und schönste technische Museum der Welt“
Es war das letzte große Fest der Weimarer Republik: Drei Tage wurde gefeiert, als im Mai 1925 das Ausstellungsgebäude des Deutschen Museums auf der Münchner Museumsinsel eröffnet wurde.
Gegründet wurde das Museum bereits 1903, die ersten Ausstellungen waren ab 1906 im alten Nationalmuseum und in der Schweren-Reiter-Kaserne auf dem Gelände des heutigen Deutschen Patent- und Markenamtes untergebracht. Ebenfalls 1906 wurde der Grundstein für das Gebäude auf der Insel gelegt. Krieg und Inflation verzögerten den Abschluss des Baus jedoch erheblich. Am 7. Mai 1925, dem 70. Geburtstag des Museumsgründers Oskar von Miller, war es dann soweit: Die Spitzen aus Staat und Gesellschaft kamen nach München, um das größte technische Museum der Welt zu eröffnen.
Die ganze Stadt war aufwendig geschmückt. Rund 300 Menschen nahmen an dem Festakt im Ausstellungsgebäude teil, für den Gerhart Hauptmann eigens ein Bühnenstück gedichtet hatte. Zum Abschluss der Feier gab es als deutsche Erstaufführung ein Festspiel mit Tänzen und Chören von Beethoven in der Bearbeitung von Richard Strauss – der selbst unter den Gästen war. Zum Festmahl wurden Hühnersuppe, getrüffelte Blätterteigpastete und Ochsenlende mit jungem Gemüse serviert, dazu gab es verschiedene Weine und „Auer Kraftbier“.
Schon zwei Tage zuvor, am 5. Mai 1925, führte ein Umzug vom alten Nationalmuseum durch die Innenstadt auf die Museumsinsel. 60 Motivwagen fuhren durch die Stadt – der ganze Festzug war 1,5 Kilometer lang. Die Wagen symbolisierten jeweils eine technische Disziplin, ein Handwerk oder eines der vier Elemente. Die Maschinenbauer zeigten stolz ihr neues Produkt, ein Flugzeug, die Münchner Bäcker demonstrierten überdimensionale Semmeln - und vom Wagen der Elektrizität sprühten die Blitze. Zehntausende Menschen säumten die Straßen – Oskar von Miller hatte durchgesetzt, dass die Ämter und Schulen an diesem Tag geschlossen blieben.
Von Miller selbst bekam aus Anlass der Museumseröffnung und seines Geburtstages viele Auszeichnungen – auch die Goldene Bürgermedaille der Stadt. „Der Gefeierte dankt in höchster Überraschung und Bewegung“, heißt es in der Stadtchronik von 1925 und außerdem: „Die Stadt München spendet aus Anlass der Eröffnung des Deutschen Museums allen in öffentlicher Fürsorge stehenden Personen, einschließlich der Erwerbslosen und der eine Zusatzrente beziehenden Kriegsbeschädigten, insgesamt 47 000 Personen, eine einmalige Zulage von 1 Mark.“ Davon konnte man 1925 eine Maß auf dem Oktoberfest trinken – oder zweimal ins Deutsche Museum gehen: Der Eintritt kostete damals 50 Pfennig pro Person, für Jugendliche die Hälfte.
Die Presse feierte das neue Museum ausgiebig: „Das größte und schönste technische Museum der Welt“ hieß es dort – und: „Das Deutsche Museum. Eine Kulturtat“.
Das Deutsche Museum war eines der ersten größeren Gebäude, die aus Eisenbeton errichtet wurden. Die Verwendung dieses damals neuen und fortschrittlichen Baumaterials wurde bewusst gewählt, um den Stand der Technik aufzuzeigen und somit auch das Gebäude selbst zu einem Teil der Ausstellung zu machen. Denn der Bau war durchaus eine Herausforderung: Das Museum steht auf über 1500 Betonpfählen, die sechs bis sieben Meter in den Inselboden getrieben wurden. Jeder von ihnen kann bis zu 40 Tonnen tragen!
Eine Weltneuheit war das Projektionsplanetarium, großen Eindruck auf die Besucher machten auch das Bergwerk, die begehbaren Schiffsdecks und die Laboratorien in Originalgröße. Im Vergleich zu den provisorischen Präsentationen konnten jetzt weitaus mehr Großexponate ausgestellt werden - das Unterseeboot U1, das Flugboot Dornier Wal und eine Reihe weiterer Schiffe, Lokomotiven und Flugzeuge.
Ganz vollendet war das Museum allerdings nicht: Die Ausstellungen im 2. Stockwerk waren zur Eröffnung noch nicht fertig. Auch Bibliotheksgebäude und Kongresssaal kamen erst später dazu.
Trotzdem startete das neue Museum fulminant - mit 787 523 Besucherinnen und Besuchern im ersten Jahr. Und auch viele Prominente aus aller Welt waren in den Folgejahren zu Gast im Museum – wie beispielsweise Henry Ford oder Niels Bohr. Und das Deutsche Museum wurde weltweit zum Vorbild neuer Museumsgründungen. Das einzigartige Konzept, historische wie aktuelle Objekte auszustellen und Museumsbesucher mit Knopfdruckexperimenten einzubeziehen, wurde in der Folgezeit vielfach kopiert.
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Das größte und schönste technische Museum der Welt
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