
Bild: Deutsches Museum
NS-Raubgut? Die Fokker D.VII ist zurück in den Niederlanden
Das Jagdflugzeug mit unklarer Provenienz wurde jetzt vom Deutschen Museum als Leihgabe an das Militärmuseum in Soesterberg übergeben.
Es ist das vorläufige Ende einer rund 85 Jahre dauernden Geschichte: Die „Fokker D.VII“ des Deutschen Museums ist jetzt in die Niederlande heimgekehrt. Am 19. September wurde sie per Lkw von ihrem bisherigen Standort in der Flugwerft Schleißheim ins Militärmuseum in Soesterberg transportiert – eine 780 Kilometer lange Reise. Am vergangenen Samstag ist das Flugzeug feierlich dem „Nationalen Militärmuseum“ der Niederlande übergeben worden – als Leihgabe für die nächsten fünf Jahre. Die Forschung zur Herkunft der Maschine soll in einem gemeinsamen Projekt beider Museen weitergehen. Denn die Frage, ob es sich um NS-Raubgut handelt, ist trotz intensiver Detektivarbeit immer noch nicht geklärt.
Alfred Staarman, Konservator am Niederländischen Militärmuseum, erklärt: „Wir sind dankbar für die Leihgabe der Fokker D.VII und bedanken uns beim Team des Deutschen Museums für die Zusammenarbeit und den Einsatz. Für viele Luftfahrtbegeisterte in Holland ist es ein großer Moment, die Fokker an der niederländischen Wiege der Luftfahrt, dem Flugplatz Soesterberg, zu sehen. Wir freuen uns darauf, die Zusammenarbeit bei künftigen Forschungsprojekten fortzusetzen.“
Der Generaldirektor des Deutschen Museums, Michael Decker, sagt: „Ich bin froh, dass sich unser Haus so intensiv um die Provenienz unserer Objekte kümmert – und zwar freiwillig. Der Fall der Fokker zeigt, wie schwierig es sein kann, potenzielle Raubgut-Fälle aufzuklären. Mit dem längerfristigen Leihvertrag haben wir eine gute Übergangslösung gefunden, um die unklare Provenienz so transparent wie möglich zu machen und damit auch ein Zeichen für unsere Restitutionsbemühungen zu setzen.“
Die Vorgeschichte der Fokker ist kompliziert - und spannend. Wie die Maschine ins Deutsche Museum gekommen ist, ist kein Geheimnis: Die Fokker war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von den „Monuments Men“ der US-Armee in einem Schuppen in Vilsbiburg entdeckt worden. 1948 wurde sie dem Deutschen Museum zur Verwahrung gegeben. 1958 bekam das Flugzeug als laut Texttafel „bestes deutsches Jagdflugzeug am Ende des Ersten Weltkriegs“ einen dauerhaften Platz in der Flugtechnik-Ausstellung. Hermann Göring, späterer Reichsluftfahrtminister und Oberbefehlshaber der NS-Luftwaffe, war so ein Modell als Kampfpilot geflogen. Die Maschine trägt ein deutsches Tarnmuster, stammt aber aus Beständen der niederländischen Marineflieger – das beweisen Lackreste unter der später angebrachten „deutschen“ Lackierung. Aber, sagt Andreas Hempfer, Kurator für Historische Luftfahrt am Deutschen Museum: „Wir wissen nicht, ob das Flugzeug als Geschenk oder als Raubgut nach Deutschland kam. Und wir wissen nicht mit Sicherheit, welche Maschine das ist.“ Denn die Kennung ist nicht eindeutig lesbar. Von der Kennungs-Bemalung ist nur der untere Teil auf alten Bildern zu erkennen – und die Bemalung lässt sich als D 28, aber auch als D 20 lesen.
Würde es sich bei der Maschine um die „D 28“ handeln, wäre die Fokker vermutlich ein Fall für eine Restitution – sie war nämlich 1937 dem Königlich Niederländischen Luftfahrtverband als Exponat für ein geplantes Nationales Luftfahrtmuseum überlassen worden. Es gibt aber auch Anzeichen dafür, dass es sich um die „D 20“ handelt – die war aber damals kein Museumsstück, sondern ausgemusterter Flugzeugschrott. Und schließlich war die Maschine nachträglich auch wieder auf eine Motorisierung aus der Zeit des Ersten Weltkriegs umgerüstet worden, denn das Flugzeug sollte wohl ein Geschenk für Hermann Göring werden – und dafür sollte die Maschine wie eine deutsche D.VII aus der Zeit des Ersten Weltkriegs aussehen. Schließlich ist auch noch möglich, dass das Flugzeug den Deutschen von den Niederländern als Geschenk überlassen worden ist – um sich mit den Nazis gut zu stellen.
Ob sich dieser Wissenschaftskrimi je ganz aufklären lässt, steht in den Sternen. Aber, so betont Generaldirektor Decker: „Wir wollten die Fokker angesichts dieser unklaren Lage nicht einfach so weiter in der Flugwerft ausstellen. Eine Rückgabe auf Verdacht ist aber ebenfalls fragwürdig und nach den Maßstäben der deutschen Gesetzgebung auch nicht zulässig. Deshalb begrüße ich die jetzt gefundene Lösung einer Leihgabe sehr.“
Fakten zur Fokker D.VII
- Ende 1917/Anfang 1918 von den Fokker Flugzeugwerken in Schwerin entwickelt
- Länge: 6,95 Meter
- Spannweite: 8,90 Meter
- Besatzung: 1
- Besonders wendig und höhentauglich
- Gilt als bestes deutsches Jagdflugzeug des Ersten Weltkriegs
Von den damals rund 1000 in Schwerin produzierten Maschinen sind heute weltweit nur noch sieben Exemplare erhalten.
Das Stichting Koninklijke Defensemusea hat über die Geschichte der Fokker D.VII einen Film produziert, der auch auf dem Youtube-Kanal des Deutschen Museums zu sehen ist.

Bild: Deutsches Museum
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Die Fokker D.VII an ihrem neuen Ausstellungsort im Nationalen Militärmuseum der Niederlande.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Foto: Dennis Mitschke

Bild: Deutsches Museum
Bild 2/2
Unter der “deutschen” Tarnlackierung kam bereits 1980 bei Untersuchungen eine niederländische Kennzeichnung zum Vorschein. Zu erkennen ist das große, weiße “D”, daneben die untere Hälfte einer “2” und daneben wiederum eine weitere Zahl, die “0”, “6” oder “8” sein könnte.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Foto: Deutsches Museum