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35 Bücher, 180 Aufsätze, unzählige Projekte: 34 Jahre war Helmuth Trischler am Deutschen Museum tätig, hat das Konzept für das Deutsche Museum in Bonn mitentwickelt, war Geburtshelfer der Flugwerft Schleißheim – und hat viel für das Renommee des Hauses getan. Kurz vor dem Ruhestand blickt er noch einmal auf seine Zeit auf der Museumsinsel zurück – und verrät, was er in den nächsten Jahren vorhat.

„Wenn man mir mit 18 erzählt hätte, dass ich einmal Leiter der Forschung im Deutschen Museum werde – ich hätte es nicht geglaubt“, sagt Helmuth Trischler und lacht. In dem Regal in seinem Büro ist eine ganz breite Palette von Themen zu finden. Da gibt es Bücher über den Klimawandel und seine Auswirkungen auf afrikanische Gesellschaften, über Humboldt, Eisenhower oder Recycling. Das Bücherregal zeigt auch, dass Trischler von ganz vielen Wissensgebieten etwas versteht. „Ich bin nicht Generalist in dem Sinn, dass ich alles überblicke. Aber ich habe ein ziemlich breites Spektrum, und da hat es mir schon sehr geholfen, dass ich eigentlich aus der Allgemeingeschichte komme.“

Eigentlich ist er durch einen Zufall ans Deutsche Museum gekommen: „Ich war wissenschaftlicher Assistent an der LMU, hatte da eine Habilitationsstelle und arbeitete an einem Projekt zur Luft- und Raumfahrtforschung. Im wissenschaftlichen Beirat saß der damalige Generaldirektor des Deutschen Museums, Otto Mayr. Und der hat irgendwie Gefallen an mir gefunden und holte mich ins Team der Flugwerft Schleißheim, die damals gerade im Aufbau war. Im Januar 1990 habe ich auf der Museumsinsel angefangen.“ Quasi nebenbei entwickelte Trischler noch ein Konzept für das Deutsche Museum Bonn. Und seit 1993 ist er Leiter der Forschung im Deutschen Museum. Er machte das Museum zu dem, was es heute ist: zum integrierten Forschungsmuseum. Auch wenn er in den ersten Jahren gegen viele Widerstände zu kämpfen hatte. 

Die Höhepunkte in seiner Museums-Karriere: die Gründung des Münchner Zentrums für Wissenschafts- und Technikgeschichte im Jahr 1997 – eine Kooperation von LMU, TU, Deutschem Museum und der Universität der Bundeswehr; die Gründung des „Rachel Carson Centers für Umwelt und Gesellschaft“, das 2009 von LMU und Deutschem Museum ins Leben gerufen wurde und dessen Co-Direktor Trischler bis heute ist; und schließlich die große Sonderausstellung, die 2014 im Deutschen Museum eröffnet wurde: „Willkommen im Anthropozän“. Trischler selbst hatte die Ausstellung mitkonzipiert. Sie zeigte, wie sehr der Mensch das Gesicht der Erde prägt und es verändert. Es war eine untypische Ausstellung für das Deutsche Museum, und sie wäre ohne Trischler nicht möglich gewesen. Er selbst sagt: „Das Anthropozän war bis dahin ein unbesetztes Thema. Es hat uns neue Türen geöffnet und dabei geholfen, wichtige Zukunftsthemen im Haus zu platzieren. Das Thema hat das Deutsche Museum international sichtbar gemacht.“ Mehr als 190.000 Menschen aus dem In- und Ausland haben die Ausstellung besucht.

Dabei war dem Geschichtswissenschaftler eine Museumskarriere nicht unbedingt in die Wiege gelegt worden: „Eigentlich wollte ich Lehrer werden und hatte schon begonnen, Geschichte und Germanistik auf Lehramt zu studieren“, erzählt Trischler. Doch es kam anders: Er promovierte 1986 an der LMU mit der Arbeit „Steiger im deutschen Bergbau: Zur Sozialgeschichte der technischen Angestellten 1815–1945“. 1991 habilitierte sich Trischler mit einer Arbeit zur Luft- und Raumfahrtforschung in Deutschland. Seit 1997 ist er Professor für Neuere und Neueste Geschichte sowie Technikgeschichte an der LMU, 2018 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt, 2019 zum Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech).

An seinem 66. Geburtstag, dem 29. April 2024, geht der gebürtige Ulmer in Ruhestand – aber noch nicht so ganz: Er hat noch mehrere Buchprojekte vor sich und hat bis 2026 einen Forschungsvertrag beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, dessen Geschichte er aufarbeiten soll. Privat will er Marathon laufen – und vielleicht für einen längeren Zeitraum nach Stockholm ziehen. „Ich liebe diese Stadt.“ Wobei: Da muss er erst mal seine Frau fragen, die er übrigens vor 25 Jahren im Deutschen Museum kennengelernt hat, ob sie mitwill.   

Eine seiner letzten Amtshandlungen im Deutschen Museum war, das Haus erfolgreich bei der Evaluierung im Januar 2024 zu begleiten: Alle sieben Jahre wird das Haus daraufhin begutachtet, ob es auch alle Forschungsstandards erfüllt – das Renommee, aber auch Zuschüsse in erheblicher Höhe für das Museum hängen vom Ergebnis der Evaluierung ab. Seine Nachfolge sieht er in guten Händen: Johannes-Geert Hagmann, Physiker und stellvertretender Bereichsleiter für Ausstellungen und Sammlungen am Deutschen Museum, soll ihm als Leiter der Forschung zunächst übergangsweise folgen. „Er ist für mich der ideale Nachfolger. Er bringt alles mit“, sagt Trischler über Hagmann.

Trotzdem werden es große Fußstapfen, in die der Nachfolger da tritt. Trischler sagt selbst über das Deutsche Museum: „Es liegt zwar auf einer Insel, ist aber keine Insel. Wir sind gut vernetzt, wir haben uns gut positioniert, und wir werden weltweit wahrgenommen und international wieder als Vorbild gesehen; auch dafür, wie ein Forschungsmuseum sein sollte.“

Dass das so ist – und das sagt der scheidende Leiter der Forschung natürlich nicht – ist auch und vor allem Trischlers Verdienst. Generaldirektor Wolfgang M. Heckl sagt über ihn: „Er ist ein großartiger Wissenschaftler – und ein großartiger Mensch und Kollege. Ich kann mich nur von Herzen für die langjährige Zusammenarbeit bedanken. Helmuth Trischler hat mit seinem Team unser Haus äußerst erfolgreich innerhalb der internationalen Forschungslandschaft positioniert und damit unser Alleinstellungsmerkmal als integriertes Forschungsmuseum für naturwissenschaftlich-technische Kultur in Deutschland gelebt. Ohne Helmuth Trischler wäre das Deutsche Museum nicht das, was es heute ist.“

Bild 1/2

Helmuth Trischler, Leiter des Forschungsinstituts des Deutschen Museums.

Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk

Foto: Deutsches Museum

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Bild 2/2

Helmuth Trischler im Auditorium des Deutschen Museums.

Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk

Foto: Deutsches Museum

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