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In den 24 Werkstätten des Deutschen Museums arbeiten mehr als 70 hochqualifizierte Handwerker und Künstlerinnen: von Bildhauerinnen und Mechanikern bis hin zu Buchbinderinnen und Modellbauern. Für Samstag, 13. Mai, planen die Werkstätten einen Tag der offenen Tür – zum ersten Mal seit 2019. Wer will, kann sich an diesem Tag ein Bild davon machen, wie Ausstellungsstücke restauriert werden – und wie aufregend es ist, neue Kunstwerke und interaktive Experimente zu erschaffen.

Elisabeth Straßer arbeitet schon seit 26 Jahren im Deutschen Museum. Und sie schwärmt immer noch von ihrem Job. Sie ist die Leiterin der Bildhauerwerkstatt – wobei es in diesem Fall eigentlich Bildhauerinnenwerkstatt heißen müsste: alle drei Mitarbeiter dort sind Frauen. Straßer: „Die Arbeit hier ist wahnsinnig schön – und jede neue Aufgabe ist eine Bereicherung. Ich radele jeden Tag mit Freude über die Brücke auf die Museumsinsel.“ Gerade sind sie und ihre Kolleginnen mit den Vorarbeiten für die künftige Sonderausstellung „Licht und Materie“ beschäftigt, die auf die jetzige Sonderausstellung „100 Jahre Planetarium“ folgt.

Für die Ausstellung entstehen fünf „Szenoramen“, wie Straßer sie nennt. Keine richtigen Dioramen, dafür werden zu viele Inhalte vermittelt. Hier werden komplexe Ausstellungsinhalte auf einzelne Geschichten heruntergebrochen. Es geht um Dinge wie: Ist das Licht Teilchen oder Welle – oder beides? Straßer erklärt: „Wir versuchen nicht, das zu erklären wie in einem Lehrbuch. Wir erzählen die Geschichte dazu.“ In der Bildhauerinnenwerkstatt stehen derzeit sogenannte Vormodelle. Sie vermitteln im Kleinen einen Eindruck, wie die späteren Szenoramen aussehen sollen. Und so kann man den Bildhauerinnen beim Entwickeln ihrer Ideen über die Schulter schauen.

Kleine Abbilder historischer Wissenschaftler, zum Teil aus Gips nachgebildet, werden mit Originalexponaten und Hintergründen kombiniert, die im Stile einer „Graphic Novel“ bestimmte Episoden der Wissenschaftsgeschichte erzählen. Wie zum Beispiel das tragische Leben der deutschen Physikerin Alice Golsen (geb. Goldstein), die zusammen mit Walther Gerlach den Strahlungsdruck erforschte, von den Nazis aus dem Schuldienst entlassen wurde und im britischen Exil 1940 Suizid beging. Oder die Erfindung des Radars oder des Lasers. Oder die legendäre Debatte zwischen Niels Bohr und Albert Einstein zur Quantenmechanik. Das ist zum Teil recht schwere Kost, aber Elisabeth Straßer und ihre Kolleginnen erzählen die Geschichten so, dass man jetzt schon ganz gespannt ist auf die Ausstellung – und darauf, wie die Szenoramen dann am Ende aussehen werden. „Das Schöne an der Arbeit hier ist, dass man die Dinge erst einmal richtig verstehen muss, bevor man sie darstellt“, sagt Elisabeth Straßer. „Man lernt dadurch ungeheuer viel dazu. Jeden Tag.“

Gleich nebenan bei den Modellbauern wird ebenfalls für die Sonderausstellung „Licht und Materie“ gearbeitet. Schon am Eingang fällt die „Targetkammer“ ins Auge – das Model einer Laser-Versuchskammer, deren Original in Kalifornien steht. Es die größte Laseranlage der Welt, mit der für die Kernfusion geforscht wird. Das Original hat zehn Meter Durchmesser. Für die Konstruktion des Modells im Maßstab 1:20 standen den Modellbauern nur Fotos des Originals zur Verfügung – die Baupläne sind nämlich unter Verschluss.

Gegenüber steht ein Prototyp für ein Laser-Kaleidoskop, mit dem die Besucherinnen und Besucher per Laserstrahlen eigene kleine Kunstwerke erschaffen können. Und dahinter steht in der Werkstatt ein meterlanges Modell einer Eisfabrik, das für die neue Dauerausstellung „Energie – Dampf“ restauriert wird – und das 2028 wieder zu sehen sein soll. Auch den Modellbauern wird die Arbeit so schnell nicht ausgehen.       

Einen Gang weiter begegnet man Karen Wolter, Leiterin der Buchbinder-Werkstatt. Sie ist mit ihren 32 Jahren die jüngste Werkstattleiterin im Deutschen Museums und mit einer ansteckenden Begeisterung bei der Sache. Bei den Buchbinderinnen werden Bücher restauriert – aber bei weitem nicht nur. Am Tag der offenen Tür will Karen Wolter ein paar Vorher-Nachher-Bilder zeigen von Büchern und Dokumenten, die sie wiederhergestellt hat. „Man holt da viel Dreck raus“, lacht sie und zeigt ein ganzes Marmeladenglas vor – mit Staub und Schmutz, den sie aus einem Buch bei der Restaurierung entfernt hat. Mit teurem Japanpapier werden Bruchstellen in den Büchern geklebt. Und selbst gebrochene Einbände bekommt Karen Wolter wieder hin.

Aber auch für die Ausstellungen des Museums wird hier gearbeitet. Die Buchbinderinnen haben Originalverpackungen von Exponaten so nachgebildet, dass der Karton am Ende originaler aussieht als das Original selbst. Und für den Tag der offenen Tür hat sie Anschauungsmaterial von zu Hause mitgebracht: eine Familienbibel aus dem Jahr 1719, die ihre Großeltern auf dem Dachboden gefunden haben. Mit Fraßspuren von Mäusen und Silberfischchen. Auch hier ist sie sich sicher, dass sie das Buch wieder hinbekommt. Aber, sagt sie über ihre Arbeit: „Das lernt man nirgendwo – das muss man erfinden.“

Diesen Erfindungsreichtum können die Besucherinnen und Besucher am Tag der offenen Werkstätten miterleben. Am Samstag, 13. Mai, hat man die Chance, zehn der 24 Werkstätten zu sehen. Oder bei einer Führung dabei zu sein, bei der das riesige Uhrwerk der astronomischen Turmuhr des Museums gezeigt wird. Außerdem gibt es Einblicke in das hauseigene Restaurierungslabor. Und weil am selben Wochenende Inklusions-Aktionstage im Deutschen Museum stattfinden, ist auch etwas speziell für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen geplant, die erst in der Musikinstrumentenausstellung des Deutschen Museums zu Gast sind – und anschließend eine Führung durch die Restaurierungswerkstatt für Musikinstrumente bekommen. Für alle anderen, die die Werkstätten des Deutschen Museums erkunden wollen, gibt es folgendes Programm:

Tag der offenen Werkstätten am Samstag, 13. Mai

Treffpunkt: an der Uferstraße (Nähe Boschbrücke) des Deutschen Museums
Erste Führung: 8 Uhr. Weitere Führungen beginnen zur halben und zur vollen Stunde. Dauer: rund 90 Minuten. Letzte Führung: 16 Uhr. Maximale Teilnehmerzahl pro Führung: 15 Personen. Reservierungen sind am Veranstaltungstag ab 7.45 Uhr am Stand an der Uferstraße möglich. Die Teilnahme ist kostenlos.
Für Kinder gibt es drei Mitmachführungen in der Schreinerei und der Digitaldruckerei. Außerdem gibt es drei Turmuhrführungen.

Diese zehn Werkstätten stellen sich am Tag der offenen Tür vor:

1. Ausstellungsmaler
Ob Hintergründe, Gesichter für Figuren, Mauerziegel im Miniaturformat oder künstliche Pflanzen: Alles, was Farbe benötigt, wird in dieser Werkstatt bearbeitet. Nicht zu vergessen sind Lackierarbeiten an Ausstellungsobjekten und natürlich die Restaurierung des historischen Gemäldebestandes.

2. Bildhauerinnen
Hier werden plastische Arbeiten geschaffen: Bei den Dioramen, für die das Deutsche Museum berühmt ist, gestalten die Bildhauerinnen zum Beispiel die Landschaften und die Figuren. Dabei wird ein möglichst authentisches Abbild der Wirklichkeit angefertigt, oder – je nach Aufgabenstellung – die Realität kreativ verändert.

3. Buchbinderei und Papierrestaurierung
Hier werden kleinere Veröffentlichungen des Museums produziert, für das Archiv restauriert oder es werden Kästen und Schuber zur Aufbewahrung von Exponaten angefertigt. Die Ausstattung der Werkstatt entspricht einer Handbuchbinderei.

4. Druckerei
Hier werden kleinere Druckaufträge im Hoch- oder Offsetdruck bis zum Format A3 erledigt: Plakate, Briefbögen, Flyer und die Hauszeitschrift „Eule“. Neben einer Offsetmaschine gibt es einen „Heidelberger Tiegel“, eine unverwüstliche Hochdruck-Maschine.

5. Elektroniklabor
In dieser Werkstatt werden Demonstrationen entwickelt und gebaut, ebenso Multimedia-Ausstellungselemente. Außerdem werden elektronische Steuerungen und Komponenten in Demonstrationen und medientechnischen Einrichtungen im Ausstellungsbereich instandgesetzt.

6. Mechanikwerkstatt
Im Deutschen Museum gibt es hunderte interaktive Experimente und Demonstrationen. Oftmals verbergen sich hinter diesen Experimenten komplizierte technische Apparate. In der Mechanikwerkstatt werden diese Demonstrationen entwickelt, gebaut und gewartet.

7. Medienwerkstatt
Das Medienlabor des Deutschen Museums konzipiert und realisiert Ausstellungselemente mit digitalen Medien. Das sind nicht so sehr klassische Medienstationen, sondern neue, kreative Ausstellungselemente, die mit Licht, Ton, Projektionen oder Spiegelungen und dem realen Objekt arbeiten.

8. Modellbau
Hier entstehen die einzigartigen Dioramen des Museums, detailgetreue Brücken- und Flugzeugmodelle, Demonstrationen und vieles mehr. Die Modellbauwerkstatt zählt zu den größten Werkstätten im Deutschen Museum. Die Modellbauer arbeiten mit den verschiedensten Materialien und Techniken.

9. Restaurierungswerkstatt für Musikinstrumente
Das Deutsche Museum besitzt eine einmalige Sammlung von rund 2000 Musikinstrumenten. Die Restaurierungswerkstatt für Musikinstrumente hält vor allem die Tasteninstrumente – wie Cembali, Orgeln und Hammerklaviere – in einem originalgetreuen und funktionstüchtigen Zustand.

10. Schreinerei
Von Möbelanfertigung über Fensterreparaturen bis zum Bau kompletter neuer Ausstellungen – die Schreinerei hat ein riesiges Aufgabengebiet. Oft sind die Schreiner direkt im Ausstellungsgebäude im Einsatz – wie beim Aufbau von Vitrinen. Aber auch das neue Gestühl einer Orgel in der Musikinstrumente-Ausstellung ist ihr Werk.

Und außerdem:

Restaurierungslabor
Hier arbeitet die Abteilung Restaurierungsforschung zu Fragen von Materialien, Herstellungstechniken und Veränderungen von Museumsobjekten. Hier wird zum Beispiel erforscht, wie Objekte aus dem Kunststoff Cellulosenitrat gelagert werden können, ohne dass sie sich zersetzen.

Turmuhr-Führungen
Hier bekommt man das Uhrwerk und das ganze Innenleben der riesigen astronomischen Turmuhr des Deutschen Museums zu sehen, die die Fassade zum Museumshof hin schmückt.

Bild 1/4

Bildhauerin Elisabeth Straßer arbeitet schon seit 26 Jahren im Deutschen Museum.

Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk

Foto: Deutsches Museum, Hubert Czech

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Bild 2/4

Bei den Modellbauern wird gerade eine riesige „Eisfabrik“ restauriert.

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Foto: Deutsches Museum

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Bild 3/4

Buchbinderin Karen Wolter zeigt eine originalgetreu kopierte Verpackung.

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Foto: Deutsches Museum

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Bild 4/4

Drucker Ralf Rothe am "Heidelberger Tiegel", einer Hochdruck-Maschine.

Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk

Foto: Deutsches Museum, Hubert Czech

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