

Hinweis auf einen NS-verfolgungsbedingten Entzug? Eintrag im Eingangsbuch des Deutschen Museums vom 19.1.1939. Bild: Deutsches Museum | Bernhard Wörrle
Provenienzforschung
Verdächtige Provenienzen
Zwischen 1933 und 1945 wurden der jüdischen Bevölkerung vom NS-Regime nicht nur Kunst und Antiquitäten, sondern auch wissenschaftliche Instrumente, technische Geräte und Alltagsgegenstände systematisch entzogen. Das Projekt überprüft die Sammlung des Deutschen Museums auf Objekte mit einer solchen Provenienz.
Inhalt
Verdächtige Provenienzen – Recherche nach NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut im Bestand des Deutschen Museums
Gefördert von
Finanziert aus Eigenmitteln des Deutschen Museums
- Provenienzforschung
- Sammlungstiefenerschließung und historische Objektforschung
Bearbeitet von
Christine Bach
Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Provenienzforschung
Dr. Bernhard Wörrle
Leitung Abteilung MMS – Museums-Management-System
Projektbeschreibung
Mit dem Projekt kommt das Deutsche Museum seiner sich aus der Washingtoner Erklärung von 1998 ergebenden politischen und moralischen Verpflichtung nach, NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter im Sammlungsbestand zu identifizieren und ggf. an ihre rechtmäßigen Eigentümerinnen und Eigentümer zurückzuführen.
Im Vordergrund stehen dabei die Erwerbungen zwischen 1933 und 1945. Unter diesen wurden bereits bei einer 2021 durchgeführten Vorsondierung rund 300 Fälle identifiziert, bei denen eine genauere Prüfung auf eine Herkunft aus einem NS-Unrechtskontext angebracht erscheint. Primäre Aufgabe des Projekts ist es, diese Verdachtsfälle durch vertiefte Provenienzrecherchen so weit wie möglich abzuklären und ggf. die Grundlagen zur Findung einer fairen und gerechten Lösung im Sinne der Washingtoner Erklärung bereit zu stellen.
Im Januar 1939 vom Liquidator der Firma eingelieferte Magazinkamera aus dem Besitz der jüdischen Metallgroßhandlung Nathan Grünsfelder, München. Deutsches Museum, Inv.-Nr. 69008. Bild: Deutsches Museum
Zum Zweiten erweitert das Projekt den Fokus des 2021 durchgeführten Grob-Surveys: Nach einschlägigen Namen und Begriffen, Provenienzen aus dem Kunst- und Antiquitätenhandel und Erwerbungen von Privatpersonen werden nun auch Zugänge von Firmen systematisch in den Blick genommen. Insbesondere Erwerbungen von jüdischen Firmen, die im Nationalsozialismus zwangsliquidiert oder "arisiert" worden sind, sind als potentiell belastete Verdachtsfälle zu identifizieren und für eine Bewertung im Detail zu recherchieren.
Ein weiterer Gegenstand der Recherche sind Zugänge nach 1945, bei denen, wie bei der 1995 übernommenen Kunst-, Antiken-, Mineralien- und Musikaliensammlung des Pforzheimer Metall- und Maschinenfabrikanten Max Bühler, eine frühere NS-Provenienz nicht auszuschließen ist.
Publikationen
- Wörrle, Bernhard: Wo anfangen? Ein Grob-Survey zu möglichen NS-Provenienzen am Deutschen Museum.In: Hellfritzsch, Ron / Groß, Sören / Mappes, Timo (Hrsg.) 2022: Technisches Kulturgut. Zirkulation, Ansammlungen und Dokumente des Entzugs zwischen 1933 und 1945. Stiftung Deutsches Optisches Museum, Jena: S. 14-20. (DOI: https://doi.org/10.25366/2022.35. Printausgabe: 2022 Sandstein Verlag, Dresden).
- Wörrle, Bernhard: Angebote aus der Not. Das Deutsche Museum und die Firma Louis Seliger & Sohn oder Was Erwerbungen aus der NS-Zeit (nicht) erzählen.In: Der Blog des Deutschen Museums, 6.1.2023.
Vorträge und Veranstaltungen
- Wörrle, Bernhard 23.9.2021: Jena, Deutsches Optisches Museum, Workshop: Historische technische Instrumente. Zirkulation, Ansammlungen und Dokumente des Entzugs zwischen 1933 und 1945. Vortrag: Wo anfangen? Ein erster Grob-Survey zu möglichen NS-Provenienzen am Deutschen Museum.
- Wörrle, Bernhard 7.12.2021: München, Deutsches Museum, AK Forschung. Vortrag: NS-Raubgut – am Deutschen Museum (k)ein Thema?
- Wörrle, Bernhard 7.2.2023: München, Deutsches Museum, AK Forschung. Vortrag: Verdächtige Provenienzen. Recherche nach NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut im Bestand des Deutschen Museums.
- Bach, Christine 30.3.2023: Jena, Deutsches Optisches Museum, Fachtagung: Provenienzforschung Technisches Kulturgut. Händler, Museen und Sammlungen. Moderation: Panel "NS-Unrechtskontexte".
- Bach, Christine 12.4.2023: München, Programm des Forschungsverbunds Provenienzforschung Bayern zum 5. Internationalen Tag der Provenienzforschung. Kurzvortrag: Provenienzforschung im Deutschen Museum. Zur Biographie technischer Kulturgüter.
Weiterführende Links
Provenienzforschung am Deutschen Museum
https://www.deutsches-museum.de/museum/provenienzforschungAG Technisches Kulturgut im Arbeitskreis Provenienzforschung
https://www.arbeitskreis-provenienzforschung.org/arbeitsgruppen/ag-technik/Handreichung zur Umsetzung der Washingtoner Erklärung
https://www.kulturgutverluste.de/Webs/DE/Recherche/Handreichung/Index.htmlLeitfaden Provenienzforschung NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut
https://www.kulturgutverluste.de/Webs/DE/Recherche/Leitfaden/Index.html