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„Von allen, die das Problem des Fliegens im 19. Jahrhundert behandelten, war Otto Lilienthal zweifelsfrei der Bedeutendste." So pointiert würdigte Wilbur Wright die Bedeutung Lilienthals.

Otto Lilienthals (1848–1896) „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst – Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik“ ist die wichtigste flugtechnische Veröffentlichung aus der Frühzeit der Luftfahrt. Die erste Auflage erschien im Oktober 1889 bei R. Gaertners Verlagsbuchhandlung in Berlin in einer Auflage von 1000 Exemplaren; dieser folgte 1910 eine zweite Auflage bei Oldenbourg. Der Luftfahrtpionier und Unternehmer Lilienthal fasste in seinem Buch die in zahllosen Versuchen gewonnenen Erkenntnisse zu den physikalischen Grundlagen des Fliegens zusammen. Dabei hatte er das Ziel, „dass jeder gebildete Laie den Ausführungen ohne Schwierigkeiten folgen kann“. Erst nach der Veröffentlichung seines epochalen Werks ging Lilienthal an den Bau von Gleitflugzeugen.

Die 187 Seiten umfassende Erstauflage – das Exemplar des Deutschen Museums stammt übrigens aus der Sammlung des Oberst von Brug - ist ein Musterbeispiel für ein technisches Buch des späten 19. Jahrhunderts. Während der Einband noch in historisierender Form gestaltet ist, wurde der Text nicht mehr in Fraktur, sondern schon in Antiqua gedruckt. Bei technischer Literatur war dies – im Gegensatz etwa zur Belletristik – schon damals üblich: Wegen der Bedeutung des Auslandsmarkts wäre es nachteilig gewesen, diese Bücher in der nur in Deutschland verbreiteten Frakturschrift zu drucken. Enthalten sind 80 Holzstiche sowie acht lithographierte Tafeln. Die Holzstichtechnik erlaubt die Herstellung kontrastreicher und äußerst präziser Abbildungen und war die zu dieser Zeit am meisten verbreitete Illustrationstechnik, nicht nur technischer Bücher.

Das Werk erzielte große internationale Beachtung. So haben sich auch die Gebrüder Wright intensiv mit Lilienthals Buch befasst. Nach ihrer Ansicht blieben Lilienthals Tabellen und Diagramme für rund 20 Jahre unübertroffen. 1911 erschien deshalb unter dem Titel „Birdflight as the basis of aviation“ in London eine englische Übersetzung.

Literatur:

Otto Lilienthal – Flugpionier, Ingenieur, Unternehmer. Hrsg. von Werner Heinzerling und Helmuth Trischler. Gütersloh 1991. Zum Katalogeintrag

Runge, Manuela und Bernd Lukasch: Erfinderleben – Die Brüder Otto und Gustav Lilienthal. Berlin 2005. Zum Katalogeintrag

Der Artikel erschien zuerst in "Kultur+Technik", der Zeitschrift des Deutschen Museums, Heft 04/2003.