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Zeitschriften sind in der wissenschaftlichen Publizistik äußerst wichtig, da in ihnen vor allem neue Erkenntnisse veröffentlicht werden. Doch wie und wodurch kam es zum Aufstieg der Zeitschrift?

Zeitschriften sind seit dem Ende des 17. Jahrhunderts nicht mehr aus der Wissenschaft wegzudenken. Seit dem 19. Jahrhundert spielen sie in den Natur- und Ingenieurwissenschaften wie auch der Medizin meist eine wichtigere Rolle als Bücher: Neue Erkenntnisse werden in diesen Fächern zunächst in einer wissenschaftlichen Zeitschrift publiziert und finden erst danach den Weg in die Bücher. Für die wissenschaftliche Karriere – nicht nur in den sogenannten MINT-Fächern – spielt das Renommee der Zeitschriften, in denen die Forschenden ihre Ergebnisse publizieren, eine zentrale Rolle.
Die genaue Zahl der heute international erscheinenden Zeitschriften ist kaum zu ermitteln. Doch verwalten allein die deutschen Bibliotheken 1,5 Millionen Titel an Zeitschriften. Darunter solche, die schon vor vielen Jahren oder Jahrzehnten ihr Erscheinen eingestellt haben, wie auch aktuell in gedruckter oder elektronischer Form veröffentlichte Zeitschriften.

Die Zeitschrift trat als neues Medium vor 350 Jahren neben die Bücher und die damals bereits seit einigen Jahrzehnten existierenden Zeitungen. Den Inhalt der ersten in Frankreich und England, später dann auch in Italien und Deutschland erscheinenden Zeitschriften prägten gerade Naturwissenschaften, Medizin und Technik. Diese Felder zeichnete eine besondere Dynamik ebenso aus wie das Bedürfnis nach einer schnelleren Form des Publizierens.

Die Entstehungszeit der wissenschaftlichen Zeitschrift im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts fiel nicht zufällig in eine Epoche eines tiefgreifenden wissenschaftlichen Wandels, für den sich die Bezeichnung »Wissenschaftliche Revolution« durchgesetzt hat. Astronomie und Medizin waren davon ebenso betroffen wie Physik und Mathematik.
Die Wissenschaftliche Revolution wurde von der Veröffentlichung epochaler Werke begleitet: Kopernikus‘ "De Revolutionibus orbium coelestium" (1543), Galileis "Sidereus Nuncius" (1610), Descartes‘ "Discours de la méthode" (1637) oder Newtons "Philosophiae naturalis principia mathematica" (1687) sind einige der herausragenden Beispiele. Doch war das Schreiben und Publizieren von Büchern langsam und zeitaufwendig. Dazu kam die Fertigung der zum Verständnis oft unentbehrlichen Illustrationen, die meist als Kupferstiche ausgeführt wurden. Diese Form der Illustration war zwar aufwendig und damit teuer, doch ermöglichte sie die nunmehr notwendige Detailgenauigkeit der Darstellungen. Die zunehmend komplexere mathematische Ausdrucksweise stellte zudem auch die Drucker vor immer größere Herausforderungen.
Vermögende Naturwissenschaftler, wie Johannes Hevelius (1611–1687) oder Christiaan Huygens (1629–1695), versuchten darauf mit der Einrichtung eigener Druckereien zu reagieren. Nur den wenigsten Gelehrten standen allerdings die nötigen Mittel zur Verfügung. Sie mussten sich daher um die Gewinnung von Mäzenen bemühen, die ihnen das Publizieren ihrer Arbeiten ermöglichen sollten – ein schwerer und nicht immer von Erfolg gekrönter Weg.

Einhergehend mit der Wissenschaftlichen Revolution wurden Akademien als Orte des Informationsaustauschs, der Diskussion und des gemeinsamen Experimentierens eingerichtet. Während die ersten, in Italien gegründeten Akademien kurzlebig waren, bestehen die 1652 in Schweinfurt (Leopoldina), 1660 in London (Royal Society) und 1666 in Paris (Académie des Sciences) gegründeten Gesellschaften bis heute. Den Mittelpunkt des Interesses bildeten Themen aus der Medizin und den Naturwissenschaften.
Die Akademien förderten durch ihre regelmäßigen Sitzungen den Austausch unter ihren Mitgliedern. Die neuesten Ergebnisse wurden vorgestellt und diskutiert. Gemeinsam führte man auch Experimente durch. Schon bald wuchs das Bedürfnis der Akademiemitglieder, ihre Erkenntnisse auch einem größeren Publikum mitzuteilen. Es war deshalb ein naheliegender Gedanke, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeiten der Akademiemitglieder wie auch allgemein interessierende Nachrichten aus der Wissenschaft zu veröffentlichen. Da jedoch das Schreiben und Publizieren von Büchern die Autoren viele Jahre in Anspruch nahm und mit zahlreichen Hindernissen verbunden war, musste nach Alternativen Ausschau gehalten werden. Mit der Zeitung existierte seit dem frühen 17. Jahrhundert ein neues Medium, dessen Anwendung auch auf die Zwecke der wissenschaftlichen Kommunikation naheliegend erschien.

Gerade die Wissenschaftliche Revolution, mit der die Entstehung der Akademien wechselseitig verknüpft ist, erforderte aufgrund der rasch wachsenden Kenntnisse eine schnellere Form der Information und Kommunikation. Die neuesten Entdeckungen und Entwicklungen sollten umgehend bekannt gemacht werden. Daher lag es letztlich nahe, eine »Zeitung für die Gelehrtenwelt« (Otto Dann: Vom Journal des Sçavans zur wissenschaftlichen Zeitschrift. In: Gelehrte Bücher vom Humanismus bis zur Gegenwart. Hrsg. von Bernhard Fabian und Paul Raabe. Wiesbaden 1983, S. 65) zu schaffen. Diese sollte nicht zuletzt auch über neu erschienene wissenschaftliche Werke berichten, war es doch in der frühen Neuzeit alles andere als einfach, von wichtigen Publikationen überhaupt zu erfahren.