Online Teilnahme:
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Meeting-ID: 956 0341 2698
Kenncode: 135860
Dr. Barbara Hof
Formen, Netzwerke und Bedeutung des europäischen Wissenschaftsaktivismus während des Vietnamkrieges
Abstract
Erst in den letzten Jahren haben Basisinitiativen von Forschenden mehr Aufmerksamkeit in der historischen Forschung erhalten, insbesondere Pugwash und Science for the People, die durch nationale und internationale Vernetzungen politischen Druck auf politische Entscheidungsträger*innen ausübten. Der Vortrag knüpft an solche Beispiele von nichtstaatlichen Akteuren an, vertieft jedoch den Wissenschaftsaktivismus als eine Form der freiwilligen, selbstorganisierten und interdisziplinären Arbeit von Angehörigen von Forschungsinstituten, die einen Beitrag zum Widerstand gegen und zu den Folgen der US-amerikanischen Kriegsführung zu leisten suchten. Der europäische Wissenschaftsaktivismus von Kollektiven und gewerkschaftlichen Verbänden wie Scienza per il Vietnam und Collectif Intersyndical universitaire d’action Vietnam Laos Cambodge ist bisher nicht erforscht, bietet jedoch wichtige Einblicke in direktes „solidarisches Forschen“ und in internationale Netzwerke von nichtstaatlichen Akteuren von ca. 1965 bis 1975. Auf der Grundlage bisher ungenutzter Archivmaterialien präsentiert der Vortrag Ergebnisse eines laufenden Forschungsprojekts, das die direkte Hilfe an das kommunistische Nordvietnam thematisiert. Er zeigt, welche Rolle europäische Netzwerke dabei spielten, Material und Informationen zu verschicken sowie die Auswirkungen von Waffen und „Herbiziden“ zu erforschen oder Methoden der Krankheitsprävention zu entwickeln. Durch die Nutzung universitärer Forschungsinfrastrukturen zur Entwicklung alternativer wissenschaftlicher Ziele und Wissensproduktionsformen strebten Wissenschaftsaktivist*innen politische Alternativen zum Kapitalismus an, einschließlich der Reform von Universitäten, um den zivilen Bedürfnissen der Gesellschaft besser zu dienen. Es stellt sich also auch die Frage, welchen Einfluss und welche Bedeutung solche Basisinitiativen hatten.
Kurz CV
Barbara Hof ist Postdoktorandin an der Universität Lausanne und Gastdozentin an der Leuphana Universität Lüneburg. Ihre aktuelle Forschung konzentriert sich auf die Geschichte des internationalen Datenaustausch in der Physik, die Geschichte der Fusionsforschung, und die Geschichte des europäischen Wissenschaftsaktivismus. Zuvor hat sie Arbeiten zur Geschichte der Künstlichen Intelligenz, Kybernetik und Bildungstechnologien verfasst, auch mit Blick auf Entwicklungen in Deutschland. Sie hat 2021 mit einem Projekt zur Frage der Wissensproduktion innerhalb von Kernforschungslaboratorien doktoriert. Sie wurde mit dem 2018 ISCHE Early Career Paper Award für Bildungsgeschichte und dem 2025 IUPAP Early Career Prize für Physikgeschichte ausgezeichnet