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Die Bibliothek des Deutschen Museums besitzt eine einzigartige Sammlung der seltenen, frühneuzeitlichen Maschinenbücher. Deren Ursprünge gehen auf die technischen Handschriften des Mittelalters und der Renaissance zurück. Manche der Illustrationen erinnern an Entwürfe Leonardo da Vincis. Entstanden ist dieses Genre der technischen Literatur im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts in Frankreich und verbreitete sich bald nach Italien und Deutschland, später auch in die Niederlande. Die zu den Maschinenbüchern zählenden Werke erschienen bis ins 18. Jahrhundert hinein und wurden durch eine zunehmend praxisorientierte technische Literatur abgelöst.

Kennzeichnend sind für die Maschinenbücher, die häufig auch als Maschinentheater oder Theatrum machinarum bezeichnet werden, die reichhaltigen, oft aufwendigen Illustrationen. Diese wurden nur selten als Holzschnitte, meist jedoch als Kupferstiche oder auch als Radierungen ausgeführt. Die Maschinenbücher des 16. Jahrhunderts von Jacques Besson, Jean Errard und Agostino Ramelli gehören zu den frühen Beispielen der Verwendung dieser Illustrationsformen.

Der aus Bar-le-Duc in Lothringen stammende Festungsbaumeister Jean Errard (1554–1610) veröffentlichte 1584 in Nancy mit seinem „Le premier livre des instruments mathematiques mechaniques“ ein heute nur noch äußerst selten zu findendes und gleichzeitig weitgehend unbekanntes Maschinenbuch. Er stellt in diesem bereits aus der Antike stammende Erfindungen ebenso vor wie solche, die er als seine eigenen ausgibt. Die als Radierungen ausgeführten Illustrationen zeigen Darstellungen zur Mühlentechnik, zum Brücken- und Schiffbau oder zum Buchdruck. Zu Errards eigenen Erfindungen gehört der ebenso kurios wie zu seiner Zeit futuristisch anmutende Gedanke, mittels einer von einem Schaufelrad angetriebenen Pumpe das in ein Segelschiff eindringende Wasser zu beseitigen oder mit einer Schleusentreppe einen Kanal über einen Berg zu führen.

Wie andere frühe Maschinenbücher enthält auch Errards Werk nur wenig erläuternden Text, erst im späten 17. Jahrhundert sollten die Ausführungen zu den einzelnen Illustrationen ausführlicher werden. Als Käufer kamen vor allem kaufkräftige Schichten, allen voran der Adel, in Frage, kaum dagegen Architekten oder gar Handwerker. Diesen hätte es auch nur wenig genutzt, denn ein Theatrum machinarum sollte den Betrachter und Leser vor allem unterhalten, für die Unterstützung bei der Ausführung technischer Vorhaben war es jedoch kaum geeignet, da die Illustrationen den Nachbau nicht erlaubten.

Auch Errards Werk zielte sicherlich auf das adlige Publikum und wurde so auch von Jean Janson, dem Hofdrucker des lothringischen Herzogs, gefertigt. Unbekannt ist allerdings der Stecher der insgesamt 40 Kupferstiche. Möglicherweise hat sie Jean Errard auch selbst gefertigt.

Der 1584 noch junge Errard hat sich in seinem weiteren Leben dann vor allem dem Festungsbau gewidmet. Als Ingenieur des französischen Königs errichtete er die Festungsanlagen in Sedan (1595), Montreuil-sur-Mer (1597) und Amiens (1598). Der „premier ingenieur“ König Heinrich IV. war zweifellos der bedeutendste französische Militärarchitekt des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Zum Festungsbau und zu der damit zusammenhängenden Geometrie hat Errard nach seinem „Le premier livre des instruments mathematiques mechaniques“ weitere Werke veröffentlicht.

Literatur:

Endrei, Walter: Jean Errard (1554–1610) und sein Maschinenbuch. In: Technikgeschichte 61 (1994), S. 1–10. Zum Katalogeintrag

Hilz, Helmut: Theatrum Machinarum. Das technische Schaubuch der frühen Neuzeit. München 2008, S. 26–35. Zum Katalogeintrag