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Fundamentales Grundlagenwerk zum Bergbau, rund 120 Jahre lang immer neu aufgelegt, bahnbrechend in seinen Illustrationen, die nicht nur Beiwerk sind, sondern die Vorgänge exakt wiedergeben.

1494 kam der künftige Arzt und Humanist Georg Agricola im westlich von Chemnitz gelegenen Städtchen Glauchau zur Welt. Nachdem er in Leipzig und an italienischen Universitäten Medizin studiert hatte, ließ er sich 1527 im böhmischen St. Joachimsthal im Erzgebirge als Stadtarzt nieder. Die nur zehn Jahre zuvor gegründete, für ihren Silberbergbau bekannte Stadt bot ihm die Möglichkeit, seinen Beruf und das Interesse für Mineralogie eng miteinander zu verbinden. Die Begeisterung des Arztes Agricola für Mineralien war nicht zufällig: Diese waren zusammen mit Pflanzen die Basis für die Herstellung von Medikamenten. Er sammelte deshalb Mineralien, begab sich auch selbst unter Tage und entwickelte so Interesse für Bergbau und Hüttenwesen.

1531 ging Agricola dann nach Chemnitz, wo er bis zu seinem Tod 1555 als Stadtarzt und zeitweise auch als Bürgermeister wirkte. Trotzdem fand er zu einer breiten wissenschaftlichen Tätigkeit Zeit und schrieb mehrere Bücher zu Bergbau und Hüttenwesen, Geowissenschaften, Metrologie und Mineralogie. Mit „De re metallica“ sollte er Berühmtheit erlangen.

Agricola zeichnete darin seine im Erzgebirge gewonnenen Kenntnisse über den Bergbau auf. Er stützte sich dabei aber nicht nur auf eigene Erfahrungen, sondern nutzte auch die zeitgenössischen Berg- und Probierbüchlein und vor allem Vanoccio Biringuccios „De la Pirotechnia“ (1540). Nach rund zwanzigjähriger Arbeit konnte er 1550 das Manuskript endlich abschließen. Dass das Buch erst sechs Jahre später erschien, lag an der zeitaufwendigen Herstellung der 292 Holzschnitte. Dargestellt sind Grubenbaue, Hüttenbetriebe und Maschinen; doch erhält der Betrachter auch in den zeitgenössischen Arbeitsalltag Einblick. Die Illustrationen waren anders als bei Publikationen der Inkunabel- und Frühdruckzeit nun nicht mehr schmückende, zierende Beigabe, sondern stellten dar, was sich in Worten nur sehr umständlich und ungenau ausdrücken ließ. Die Zeichnungen entwarf der Joachimsthaler Basilius Wefring. Die oberrheinischen Holzschnittkünstler Hans Rudolf Manuel (1525–1571) und Zacharias Specklin (1530–1576) haben sie dann gerissen. Doch beschränkt sich die künstlerische Gestaltung des Werks keineswegs auf die Illustrationen, auch hinsichtlich Initialen, Papier, Seitengestaltung und Typographie gehört es zu den herausragenden Publikationen der Zeit.

1556 erschien, ein Jahr nach dem Tod des Autors, die lateinische Erstausgabe in der berühmten Basler Druckerwerkstatt Froben. Deren Begründer Johann Froben (1470–1527) hatte die Werke des Humanisten Erasmus von Rotterdam gedruckt, sein Sohn Hieronymus Froben (1501–1563) aber bevorzugte medizinische und naturwissenschaftliche Werke. Das Exemplar des Deutschen Museums war von 1598 bis zur Säkularisation 1803 im Bestand des oberschwäbischen Klosters Weingarten. Von dort kam es nach Stuttgart in die Königliche Hofbibliothek, die heutige Württembergische Landesbibliothek. Da diese mehrere Exemplare besaß, veräußerte sie das heute im Museumsbesitz befindliche Stück im Verlauf des 19. Jahrhunderts. Vermutlich über den Wissenschaftshistoriker Ernst Darmstaedter (1877–1938) gelangte es schließlich 1908 ins Deutsche Museum.

Schon ein Jahr später, 1557, erschien ebenfalls bei Froben unter dem Titel „Vom Bergkwerck“ die Übertragung ins Deutsche. Der Übersetzer war der Basler Universitätsprofessor Philipp Bech (ca. 1521–1560). Hinsichtlich der Illustrationen unterscheidet sie sich nicht von der lateinischen Erstausgabe, doch fehlen die Holbein dem Jüngeren nachempfundenen Initialen. Die deutsche Ausgabe der Museumsbibliothek ist noch im originalen Einband des 16. Jahrhunderts: der mit Schweinsleder überzogene Holzdeckel hat die zeittypischen Buckel und Schließen. Vermutlich hat der Erstbesitzer, ein gewisser Fridrich Rottenberger, der das Buch 1564 für 30 Gulden erwarb, es auch binden lassen. Diese Ausgabe gehört zum Urgestein der Bibliothek, bereits 1904 wurde sie im Münchner Antiquariat Maurer erworben.

„De re metallica“ brachte es bis 1675 auf neun Ausgaben, davon vier in Latein, drei in Deutsch und je eine in Italienisch und sogar Chinesisch. Während im 18. und 19. Jahrhundert keine weiteren Ausgaben erschienen, kamen im 20. Jahrhundert nicht weniger als 28 in zehn verschiedenen Sprachen auf den Markt. Die Übersetzung ins Englische aus dem Jahr 1912 stammt übrigens von dem Bergingenieur und späteren amerikanischen Präsidenten Hoover.

Literatur:

Prescher, Hans und Otfried Wagenbreth: Georgius Agricola – seine Zeit und ihre Spuren. Leipzig 1994. Zum Katalogeintrag

Kessler-Slotta, Elisabeth: Die Illustrationen in „De re metallica“. In: Der Anschnitt 46 (1994), S. 55–67. Zum Katalogeintrag des betreffenden Zeitschriftenbands