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Ein nicht nur an die Fachcommunity gerichteter Überblick über die Kernphysik – und mit einer netten Widmung an uns.

Gemeinsam führten Lise Meitner (1878–1968), Otto Hahn und Fritz Straßmann die Forschungen durch, die 1938 die Kernspaltung ermöglichten. Die österreichische Physikerin hat im Laufe ihres Lebens 160 Arbeiten, vor allem zur Kernphysik, publiziert. 1935 veröffentlichte sie gemeinsam mit Max Delbrück (1906–1981) im Verlag von Julius Springer das 62 Seiten starke Buch „Der Aufbau der Atomkerne – Natürliche und künstliche Kernumwandlungen“. Delbrück, einer der Väter der modernen Biophysik, war von 1932 bis 1937 Meitners Assistent am Kaiser Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin. Mit dieser Veröffentlichung wollten Meitner und Delbrück wie sie im Vorwort schreiben „dem an dem Gebiet interessierten Physiker oder Chemiker die modernen Probleme der Kernphysik und Kernchemie an der Hand typischer Beispiele“ nahebringen. Ein fachkundiges Publikum, aber keineswegs die engere Fachcommunity waren die Leser, auf die dieses Buch zielte. Lise Meitner war aber auch die Vermittlung der Forschung an die breitere Öffentlichkeit ein Anliegen. So publizierte sie 1932 in einem von Eduard Wildhagen unter dem Titel „Materie und Energie“ herausgegebenen Sammelband, der unter anderem auch Beiträge von Einstein, Planck und anderen Forschern enthielt, zwei allgemeinverständliche Beiträge zur aktuellen kernphysikalischen Forschung.

„Der Aufbau der Atomkerne“ ist sicherlich kein aus bibliophiler Sicht bemerkenswertes Buch, auch in der Wissenschaftsgeschichte hat es keine große Rolle gespielt. Ja, es ist nicht einmal eine von Meitners wichtigeren Publikationen. Doch ist das im Besitz der Bibliothek des Deutschen Museums befindliche Exemplar dieses Buchs trotzdem ein bemerkenswertes Zeitzeugnis. Es kam im September 1935, kurz nach seinem Erscheinen in die Bibliothek, gestiftet von Lise Meitner selbst. Auf die Titelseite hat sie eine kurze Widmung geschrieben: „Dem Deutschen Museum in alter Anhänglichkeit L. M.“ ist dort in fein säuberlicher Sütterlin-Schrift zu lesen. Die Bibliothek des Deutschen Museums war einer der Orte, an dem Meitner, die kaum drei Jahre später aus Deutschland floh, ihr Werk aufbewahrt wissen wollte. Meitners und Delbrücks Publikation aber wurde schon 1935 das Ziel einer heftigen, sich wissenschaftlich gebenden, jedoch letztlich aus antisemitischen Gründen erfolgenden Kritik.

Literatur:

Sime, Ruth Lewin: Lise Meitner – ein Leben für die Physik. Frankfurt am Main 2001. Zum Katalogeintrag