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Die allgemeinverständliche Darstellung der Naturwissenschaften, heute als Popularisierung bezeichnet, begann im ausgehenden 18. Jahrhundert. Hier zeigen wir reizvolle Beispiele aus der Astronomie.

Die Popularisierung war seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert Gegenstand nicht weniger Publikationen. Oft wandten sich die Autoren dabei gleichermaßen an Kinder und Erwachsene. Einige davon gaben ihren einschlägigen Publikationen den Titel „Kinderfreund“. Gemeinsam war ihnen das Ziel, Kinder und ebenso Erwachsene auf unterhaltsame Weise in die verschiedensten Wissensgebiete einzuführen.

Schon früh zog die Astronomie die Aufmerksamkeit dieser Jugendsachbuchautoren auf sich. Dies nicht von ungefähr, lag doch die Kenntnis des Sternhimmels in einer noch nicht künstlich beleuchteten Welt Kindern wie auch Erwachsenen wesentlich näher als heute. 1784 erschien in Berlin Johann Christian Bockshammers (1733–1804) „Astronomischer Kinderfreund – enthaltend einen Unterricht vom Calender, dessen Ursprung und Gebrauch, ingl. von der Eintheilung der Zeit, vom Laufe der Sonne, des Mondes und Gestirns …“, ein gerade 100 Seiten dickes Büchlein. Das Werk war offenbar ein großer Erfolg, da 1785 und 1798 weitere Auflagen erschienen. Eine wesentlich umfangreichere, 400-seitige Darstellung der Astronomie lieferte 1800 Johann Gottfried Gruber (1774–1851) mit seinem „Neuer astronomischer Kinderfreund - enthaltend das Wissenwürdigste und Interessanteste aus der ganzen Sternkunde“, der von dem für seine naturwissenschaftlichen Publikationen sehr renommierten Leipziger Verlagshaus Johann Ambrosius Barth verlegt wurde.

Gerhard Ulrich Anton Vieth (1763–1836) hatte mit seinem Werk „Physikalischer Kinderfreund“ großen Erfolg. Zwischen 1798 und 1809 in zehn Oktavbändchen ebenfalls bei Johann Ambrosius Barth in Leipzig erschienen, richtete sich Vieths „Physikalischer Kinderfreund“ an Zehn- bis Fünfzehnjährige. Die letzten beiden Bändchen von 1808 und 1809 trugen – aufgrund des veränderten Schwerpunkts – den Titel „Astronomische Unterhaltungen für die Jugend nebst Planisphären zu Astrognosie“. Das Ziel dieser ersten naturwissenschaftlichen Buchreihe für Kinder bestand nach Vieth darin, „Materien aus der Natur, dem gemeinen Leben, der Sphäre der Kinder, fasslich und sinnlich (zu) erklären“. Gespräche, Erzählungen, Kunststücke und Briefe vermitteln nicht nur physikalisches, sondern eben auch astronomisches und darüber hinaus biologisches und chemisches Wissen.

Reizvoll sind darin die Gespräche, in denen ein Vater seinen beiden Kindern Caroline und Wilhelm Naturphänomene erklärt. Dabei werden Caroline vor allem Dinge erklärt, die der Lebenssphäre einer Frau zugerechnet wurden, beispielsweise ein Spinnrad. Auch Mädchen Naturwissenschaften und Technik näherzubringen, war um 1800 noch nichts Ungewöhnliches, diese Haltung änderte sich jedoch im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts. In jedem Bändchen werden rund 50 unterschiedliche Themen behandelt. Das Vorgestellte konnten die Kinder auf einfache, verständliche Weise nachvollziehen, sie benötigten hierfür keine besondere Ausrüstung. Darüber hinaus wird den Kindern die Funktionsweise einiger wichtiger wissenschaftlicher Geräte erklärt, wie beispielsweise Mikroskop und Teleskop, Barometer und Thermometer.

Der wohl erfolgreichste Vertreter der frühen populärwissenschaftlichen Literatur war der Mathematiker Johann Heinrich Moritz Poppe (1776–1854), der in Göttingen bei Georg Christoph Lichtenberg auch Physik-Vorlesungen gehört hatte. Er arbeitete zwischen 1804 und 1818 in Frankfurt am Main als Mathematik- und Physiklehrer und war am Aufbau des dortigen Gewerbeschulwesens beteiligt. Danach ging Poppe nach Tübingen und übernahm dort die Professur für Technologie. Während seiner Frankfurter Zeit bemühte er sich besonders intensiv um die Vermittlung naturwissenschaftlichen Wissens an Kinder. Bereits 1802 waren in Leipzig seine „Neue physikalische Unterhaltungen für die Jugend“ erschienen. In Titel und Erscheinungsweise an Vieths „Physikalischer Kinderfreund“ anknüpfend, folgte zwischen 1811 und 1821 in acht Teilen „Der physikalische Jugendfreund“.

Dessen Erfolg veranlasste Poppe 1822, jetzt bereits Professor in Tübingen, auch ein Jugendsachbuch zur Astronomie auf den Markt zu bringen. Mit dem bei Osiander in Tübingen in vier, je etwa 300 Seiten umfassenden Oktavbändchen veröffentlichten „Der astronomische Jugendfreund oder fassliche und unterhaltende Darstellung der Sternkunde für die Jugend und die Gebildeten beiderlei Geschlechts“ publizierte er eine umfassende, populärwissenschaftliche Darstellung der zeitgenössischen Astronomie.

Poppe behandelt in den ersten beiden Bänden nacheinander die Erde, den Mond, die Sonne und die damals bekannten sieben Planeten. Der dritte Band geht auf die Fixsterne und Sternbilder, die Uhren und die wissenschaftlichen Instrumente ein, die in der Astronomie eine Rolle spielen. Der abschließende vierte Band widmet sich dem Kalenderwesen. Den vier Bänden sind insgesamt 21, der Illustration des Textes dienende Tafeln mit Lithographien beigebunden.

Poppe hat im Verlauf seines Schaffens rund 100 Bücher, davon zehn für junge Leser, veröffentlicht. Der Autor, der heute oft als Vielschreiber gilt, war in seiner Zeit ein viel gelesener und beliebter Autor, so studierte etwa Karl Marx zahlreiche seiner Werke im Lesesaal des Britischen Museums. Mit seinen Publikationen war Poppe auch kommerziell höchst erfolgreich: seine Honorare aus Publikationen übertrafen mit 80.000 Gulden die Einnahmen durch das jährliche Professorengehalt in Höhe von 1.500 Gulden ganz erheblich.

  • Vieths "Physikalischer Kinderfreund" in unserem Katalog mit Link zu einigen Digitalisaten der Bände.
  • Poppes "Physikalischer Jugendfreund" in unserem Katalog mit Link zu Digitalisaten der Bände.
  • Poppes "Astronomischer Jugendfreund" in unserem Katalog mit Link zu Digitalisaten der Bände.

Der Artikel erschien zuerst gedruckt in in "Kultur+Technik", der Zeitschrift des Deutschen Museums, Heft 03/2009.