Direkt zum Seiteninhalt springen

Die erste Architekturtheorie der Renaissance – mit nachhaltigem Einfluss auf deren Entwicklung.

Die Bibliothek besitzt eine nur kleine, jedoch durchaus bemerkenswerte Sammlung an Inkunabeln, den Drucken des 15. Jahrhunderts. Darunter ist auch der seltene Erstdruck von Albertis „De re aedificatoria“.

Der Verfasser, Leon Battista Alberti (1404–1472), war ein auf verschiedenen Gebieten tätiger Humanist, der sich als Architekt und Architekturtheoretiker einen Namen machte. Er errichtete in seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten noch heute erhaltene Bauten in Rimini, Florenz und Mantua. Berühmt ist die von ihm geschaffene Fassade der Kirche Santa Maria Novella in Florenz.

Schon 1435 und 1438 hatte Alberti zur Malerei und Skulptur geschrieben und verfasste wohl zwischen 1443 und 1452 mit „De re aedificatoria“ ein für die weitere Entwicklung des Bauwesens wichtiges Werk. Es gründet sich weitgehend auf klassische Prinzipien und ist wie „De architectura“, das aus der Antike stammende Werk Vitruvs, in zehn Bücher gegliedert. Diese gehen auf die allgemeinen, bei Entwürfen geltenden Grundsätze ein und behandeln den Bau von Kirchen, städtischen und ländlichen Herrschaftshäusern, die Planung von Städten, Gärten, Kanälen und Schleusen. Das Werk ist die erste große Abhandlung der Renaissance zur Architektur und beeinflusste deren Entwicklung nachhaltig. Alberti hat sich beim Verfassen dieses Werks ein breites architektonisches Wissen angeeignet und erst nach dessen Abschluss seine Tätigkeit als Architekt aufgenommen.

Bis 1485 existierten von „De re aedificatoria“ ausschließlich Handschriften. Diese richteten sich weniger an Architekten, als an deren fürstliche Auftraggeber. Entsprechend prachtvoll gestaltet waren einige dieser Handschriften. Erst mit dem 1485, mehr als ein Jahrzehnt nach Albertis Tod, erschienenen Druck hat das Buch auch in Architektenkreisen eine breitere Wirkung entfalten können.

Die in Italien zu dieser Zeit tätigen Drucker stammten meist aus dem deutschen Sprachraum, wo der Buchdruck wenige Jahrzehnte zuvor von Johannes Gutenberg erfunden worden war. Der aus Schlesien nach Florenz zugewanderte Drucker von „De re aedificatoria“ gab seinen Namen als Nicolaus Laurentius oder auch Niccolò di Lorenzo an. Sein Druck von 1485 beeindruckt durch die großzügige, harmonische Gestaltung. Doch enthält er, für ein Werk zur Architektur überraschend, keinerlei Abbildungen. Erst 1550 sollte eine illustrierte Ausgabe in italienischer Übersetzung erscheinen. Die Bedeutung dieses Werks für die europäische Architektur zeigen die weiteren Übersetzungen ins Französische (1553) und Spanische (1582).

Literatur:

  • Fischer, Günther: Leon Battista Alberti. Sein Leben und seine Architekturtheorie. Darmstadt 2012. Zum Katalogeintrag
  • Rykwert, Joseph: Theory as Rhetoric – Leon Battista Alberti in Theory and in Practice. In: Paper Palaces - the Rise of the Renaissance Architectural Treatise. Hrsg. von Vaughan Hart und Peter Hicks. New Haven u.a. 1998, S. 33–50. Zum Katalogeintrag