Direkt zum Seiteninhalt springen

Die Europa-Rakete war der erste europäische Versuch, Anfang der 1970er-Jahre eine eigene dreistufige Trägerrakete für den Transport von Satelliten zu entwickeln.

Die drei Raketenstufen stammen aus England, Frankreich und Deutschland. Die ausgestellte Rakete ist das einzige, komplett erhaltene Exemplar und ist ein technikhistorisch bedeutendes Unikat.

Von 1964 bis 1971 versuchte die Europäische Organisation für die Entwicklung und den Bau von Raumfahrzeugträgern ELDO (= European Launcher Development Organisation), die dreistufige Europa-Rakete zu realisieren. Die ELDO plante den Bau von 15 Raketen (F 1 – F 15), die im australischen Woomera, später in Kourou (Französisch Guyana) gestartet werden sollten. Kein Start verlief zufriedenstellend. Die letzte Europa-Rakete F 11 explodierte am 5.11.1971 nach dem Start auf dem Testgelände in
Kourou. Daraufhin wurde das Projekt Europa-Rakete eingestellt.

Erste Stufe "Blue Streak"

Die aus Großbritannien stammende erste Stufe »Blue Streak« hatte die Aufgabe, eine Last von 16 300 kg (2. Stufe + 3. Stufe + Satellit) in eine Höhe von 60 km zu befördern. Die notwendige Antriebsenergie lieferten zwei Raketenmotoren, die mit flüssigem Sauerstoff und Kerosin arbeiteten. Nach Brennschluss und Trennung sollte die Stufe ins Meer zurückfallen. Schon 1957 entwickelte Großbritannien die Blue Streak als militärische Interkontinentalrakete. Die USA gaben technische Hilfe mit
Lizenzen aus dem Bau ihrer Atlas-Rakete. Großbritannien gab das Militärprogramm 1960 auf und bot die Blue Streak als Startstufe für eine europäische Trägerrakete an. Das ausgestellte Exponat war für den Flug F 15 vorgesehen.
 

Technische Daten:

  • Länge: 18,40 m
  • Nettormasse (Brennschluss): 6289 kg
  • Startmasse (betankt): 94 940 kg
  • Tankvolumen: ca. 102 000 l
  • Tankhülle: 0,5 mm dicker rostfreier Stahl
  • Antrieb: 2 x Rolls Royce RZ-2 Flüssigkeits-Raketenmotoren; Oxydator: Flüssiger Sauerstoff; Brennstoff: Kerosin RP-l
  • Schubkraft: 2 x 667 kN
  • Brennzeit: 160 s

                      

Zweite Stufe "Coralie"

Die zweite Stufe Coralie aus Frankreich sollte innerhalb von 100 Sekunden eine Last von 4300 kg (3. Stufe + Satellit) von 70 km auf 150 km Höhe bringen. Dabei erhöhte die Rakete ihre Geschwindigkeit von 3000 m/s auf 5300 m/s. Nach Brennschluss und Trennung sollte diese Stufe auch ins Meer zurückfallen. Die zweite Stufe versagte in den ersten beiden Teststarts der Europa-Rakete (F 6.1 und F 6.2). Bei den weiteren Testflügen funktionierte sie einwandfrei. Das ausgestellte Exponat der Coralie
ist ein nicht funktionsfähiges Entwicklungsmuster (ERF.9).

Technische Daten:

  • Länge: 5,50 m
  • Gesamtmasse (Start): 12 019 kg
  • Nettornasse (Brennschluß):  2200 kg
  • Antrieb: 4 x Flüssigkeits-Raketenmotoren von LRBA (Laboratoires des Recherches Ballistiques et Aerodynamiques); Oxydator: N204 (Stickstofftetroxid); Brennstoff: UDMH (Unsymmetrisches Dimethylhydrazin)
  • Schubkraft: 262 kN

Dritte Stufe "Astris"

Die dritte Stufe Astris der Europa-Rakete wurde in Deutschland bei der Firma MBB in München und ERNO in Bremen entwickelt
und gebaut, die sich zur Koordinierung der Arbeiten zur Arbeitsgemeinschaft Satellitenträgersystem (ASAT) zusammengeschlossen hatten. Die Nutzlast betrug etwa 1300 kg für eine Bahn in 500 km Höhe. Mit dem Projekt »Astris«
begann der Wiederaufbau einer deutschen Industrie, die sich erstmalig nach dem Krieg mit der Entwicklung und dem Bau von Raketenmotoren und Trägerraketen befasste. An dem Projekt »Astris« arbeiteten Ende der Sechzigerjahre in Deutschland über 700 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker.

Das ausgestellte Exponat zeigt die für den Europa-Raketen-Flug F 12 vorgesehene Flugeinheit.

Technische Daten:

  • Länge: 3,81 m
  • Gesamtmasse (Start): 4000 kg
  • Antrieb: Flüssigkeits-Raketenmotor; Oxydator: N2O4 (Stickstofftetroxid); Aerozin 50 (50% Hydrazin, 50% UDMH)
  • Schubkraft: 22,56 kN
  • Brennzeit: 375 s