Seit 100 Jahren: Der Himmel auf Erden
Sonderausstellung im Deutschen Museum zum Jubiläum des ersten Projektionsplanetariums
100 Jahre Himmel auf Erden: Am 21. Oktober 1923 gab es in München die weltweit erste öffentliche Vorführung eines Projektionsplanetariums – im (damals noch im Bau befindlichen) Deutschen Museum. Das Jubiläum wird auf der Museumsinsel mit einer großen Sonderausstellung gefeiert. In der Eingangshalle warten ab 5. Mai einmalige Exponate, vom Astrolabium aus dem 16. Jahrhundert über Himmelsgloben bis zu Armillarsphären, auf die Besucherinnen und Besucher. Zu sehen sind auch vier große Sternenprojektoren – darunter selbstverständlich das originale Modell I von Zeiss, mit dem alles begann. Dazu gibt es unter einer Zehn-Meter-Kuppel regelmäßige Vorführungen zum Sternenhimmel über München.
Am Anfang steht eine Abfuhr: „… teilen wir Ihnen ergebenst mit, daß wir uns mit der Herstellung des Planetariums nicht befassen können, da derartige Arbeiten nicht in den Rahmen unserer Fabrikation passen.“ So lautet die Antwort auf Museumsgründer Oskar von Millers Anfrage bei der Firma Carl Zeiss Jena im Juli 1913. Drei Monate später nimmt Zeiss dann doch den Auftrag aus München an – sogar für zwei Planetarien, die aus unterschiedlichen Perspektiven den Himmel auf die Erde bringen sollen. Beim Kopernikanischen fährt man auf einem „Erdwagen“ um die zentrale Sonne und blickt in die Umlaufebene der Planeten. Beim Ptolemäischen erlebt man über der Schattensilhouette Münchens die Projektion eines künstlichen Sternenhimmels an eine Kuppel – etwas, was es so noch nirgendwo auf der Welt gibt.
„Oskar von Miller war die Abteilung Astronomie für sein neues Museum sehr wichtig“, sagt Christian Sicka, Astronomie-Kurator im Deutschen Museum. Der Museumsgründer will hier mit historischen Originalen die Entwicklungsgeschichte dieser Naturwissenschaft möglichst umfassend darstellen. Dazu sollen Demonstrationen das Fachliche für eine breite Bevölkerungsschicht begreifbar machen. „Und für die Erklärung des Fixsternhimmels und des Sonnensystems wollte von Miller etwas bisher noch nie Dagewesenes schaffen“, sagt Sicka. Mit Hilfe der Zeiss-Ingenieure wird aus dieser Idee ein neues Meisterwerk der Technik, das in den nächsten hundert Jahren Milliarden Menschen auf der ganzen Erde fasziniert und begeistert. „Und auch heutzutage gehen jedes Jahr noch immer rund 100 Millionen Menschen in ein Planetarium“, sagt der Kurator. „Trotz Internet und Virtual Reality bleibt das Erlebnis unter der Kuppel einfach etwas ganz Besonderes.“
Bis zur öffentlichen Premiere des ersten Sternenprojektors dauert es nach der Zeiss-Zusage damals allerdings noch zehn Jahre – auch wegen Verzögerungen durch den Ersten Weltkrieg. Am 21. Oktober 1923 wird das Zeiss Modell I zunächst dem Museumsausschuss vorgeführt. Anschließend läuft der Projektor in der noch unfertigen Kuppel auf der Museumsinsel für sechs Wochen im öffentlichen Betrieb. Ende Dezember geht das Gerät zurück nach Jena. Wegen des riesigen Erfolges beim Münchner Publikum bietet die Firma Zeiss von August bis Oktober 1924 öffentliche Vorführungen auf dem Dach des Werkes in Jena. Und nach der Eröffnung des Deutschen Museums 1925 setzt die neue Projektortechnik zu einem Siegeszug von Deutschland über den ganzen Globus an.
Die Zusammenarbeit bei den Planetarien ist dabei zugleich der Auftakt für eine dauerhafte Partnerschaft zwischen dem Deutschen Museum und der Firma Zeiss. „Einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten, das war immer wichtig in der langen Geschichte unseres Unternehmens“, sagt Karl Lamprecht, Vorstandsvorsitzender der Zeiss Gruppe. Mit dem Deutschen Museum habe man einen herausragenden Partner bei der Nachwuchs-Förderung im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Und diese Förderung liegt Zeiss sehr am Herzen. Lamprecht: „Das Deutsche Museum ist ein Ort des Lernens und der Inspiration. Hier wurde schon bei vielen jungen Menschen die Begeisterung für Naturwissenschaft und Technik geweckt. Diese Begeisterung brauchen wir, um unsere Zukunft lebenswert zu gestalten.“
Wolfgang M. Heckl, Generaldirektor des Deutschen Museums, fügt dazu an: „Mit solchen Partnern fällt es unserem Haus natürlich auch viel leichter, für begeisternde Erlebnisse zu sorgen.“ Leihgaben wie das Rasterelektronenmikroskop für das Mikroskopische Theater oder der Refraktor in der Weststernwarte tragen viel zur Attraktivität des Haues bei. Und als Gründerkreismitglied leistet Zeiss mit einer Großspende für die künftige Physikausstellung einen weiteren immensen Beitrag. „Zeiss hat das Deutsche Museum immer wieder in entscheidenden Momenten unterstützt“, sagt Heckl, „dafür sind wir sehr dankbar!“
Dem kann sich Christian Sicka nur anschließen: „Die Kollegen von Zeiss haben uns auch jetzt wieder vielfach bei der Vorbereitung der Sonderausstellung geholfen.“ Denn für die Installation des neuen Asterion-Sternenprojektors und der beiden Velvet-Videoprojektoren in der mobilen Kuppel war Spezialwissen gefragt. Die regelmäßigen Vorführungen in dem Zehn-Meter-Dom gehören zu den absoluten Höhepunkten der Jubiläumsschau. „Die vielen einmaligen Exponate wie das Habermehl-Astrolabium oder die wunderschönen Himmelsgloben sollte man sich aber auch nicht entgehen lassen“, sagt der Kurator.
Die Sonderausstellung „100 Jahre Planetarium“ ist von 5. Mai 2023 bis 28. Januar 2024 im Deutschen Museum zu sehen und erleben. Der Eintritt für die regelmäßigen Sternen-Shows kostet 5 Euro (Museumsmitglieder frei), Tickets gibt es an der Infotheke in der Eingangshalle.
Projektortechnik damals und heute
Planetariumsprojektor Zeiss Modell I
Carl Zeiss Jena, 1923
Der Sternenhimmel mit 4500 Fixsternen wird von 31 Sternfeld-Projektoren erzeugt, gespeist von einer 500 W Glühlampe. Jeder der fünf mit bloßem Auge sichtbaren Planeten, sowie die Sonne und der Mond werden von separat bewegten Projektoren an den Planetariumshimmel geworfen (am zylinderförmigen Gerüst unter der Sternenprojektorkugel). Zusätzlich gibt es Projektoren für die Milchstraße und für Sternbildnamen. Für die astronomisch korrekten Bewegungen sorgt eine Mechanik mit einer Vielzahl an Zahnrädern. Die Himmelsprojektion ist auf die geographische Breite Münchens von 48° begrenzt.
Starball Zeiss Asterion Velvet
Carl Zeiss Jena GmbH, 2023
Starball in Kombination mit zwei LED-Videoprojektoren: Der Sternenhimmel mit ca. 7000 Fixsternen, die Milchstraße mit ca. 1,7 Milliarden Sternen und 77 Deep-Sky-Objekte, die in die Kuppel projiziert werden können, stammen aus dem Asterion Starball. Als Lichtquellen dienen Hochleistungs-LEDs mit in Summe 100 Watt. Für die Projektionen der Planeten, der Sonne, des Mondes und der Sternbilder sind zwei Velvet LED Videoprojektoren zuständig. Die Bewegungssteuerung erfolgt digital mit Hilfe von Software. Die Himmelsprojektion kann von jedem beliebigen Standort auf Erden ausgehen.