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Die ersten bahnbrechenden Beaobachtungen der Sonnenflecken mit den neuen Möglichkeiten des Teleskops.

Das Phänomen der Sonnenflecken ist seit der Antike bekannt. Deren auffällige Häufung und die mit der Erfindung des Teleskops völlig veränderten Möglichkeiten astronomischer Beobachtungen haben nach 1610 die Erforschung der Sonne zu einem wichtigen Feld der Astronomie werden lassen. Dabei stellte die Untersuchung der Sonne die Astronomen vor besondere Herausforderungen, ist es doch nicht möglich, mit einem Teleskop direkt in die Sonne zu blicken. Forscher, die es trotzdem versuchten, mussten ihren Eifer nicht selten mit der Erblindung bezahlen.

Galileo Galilei (1564–1642) und Christoph Scheiner (1573–1650) machten die Erforschung der Sonnenflecken zu einem ihrer Hauptforschungsgebiete. Mit Galilei und Scheiner standen sich zwei Hauptvertreter der miteinander konkurrierenden Weltbilder, des heliozentrischen und des geozentrischen, gegenüber. Die aufwendige Gestaltung von Scheiners Hauptwerk ist nicht zuletzt vor diesem Hintergrund zu verstehen.

Galilei befasste sich bekanntlich mit einer Vielzahl von Forschungen zu Astronomie und Physik; die Sonnenflecken beschäftigten ihn vor allem in den Jahren von 1610 bis 1613. Mit seinem 1613 publizierten Werk „Istoria e dimostrazioni intorno alle macchie solari“ hat er nicht nur zur astronomischen Forschung einen Beitrag geleistet, sondern auch zur Entwicklung der modernen italienischen Sprache.

Christoph Scheiner, der vor allem in Ingolstadt und Rom als Astronom arbeitete, hat gleichzeitig mit Galilei begonnen, sich mit dem Phänomen der Sonnenflecken zu befassen. Für seine Beobachtungen konstruierte der Jesuitenpater ein von ihm als Camera helioscopica bezeichnetes Instrument, das die möglichst gefahrlose Forschung ermöglichen sollte. Die Ergebnisse seiner über 2000 Sonnenbeobachtungen veröffentlichte der nahe Mindelheim geborene Wissenschaftler in seinem 1626 bis 1630 erschienenen Hauptwerk „Rosa Ursina sive sol“.

Während Galilei die Illustrationen in seinem Werk auf die Sonnenflecken beschränkte, vermittelte Scheiner darüber hinaus eine Fülle von Details über die Beobachtungspraxis der Zeit. So werden Fernrohre, Projektionsmethoden und das von ihm für die Sonnenbeobachtung konstruierte Helioskop beschrieben. Doch geht Scheiner auch auf die Unterschiede zwischen Fernrohr und menschlichem Auge ein und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Begründung der physiologischen Optik. Das Werk wurde in der auf Veranlassung von Paolo Giordano Orsini II. (1591–1656), Herzog von Bracciano, eingerichteten Druckerei hergestellt. Sein Titel „Rosa Ursina“ spielt auf die im Wappen der Familie Orsini enthaltene Rose an.

Die Bücher von Galilei und Scheiner zu den Sonnenflecken sind nicht nur aus wissenschaftshistorischer Perspektive höchst bemerkenswert, sondern auch in der Entwicklung des naturwissenschaftlichen Buchs. Galilei, der das Zeichnen auf höchstem Niveau beherrschte, fertigte von seinen Beobachtungen detailgenaue kunstvolle Zeichnungen, die die Veränderungen der Sonnenflecken in enger zeitlicher Folge dokumentierten. Die Sonnenflecken darstellenden Stiche in „Rosa Ursina“ blieben bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts in ihrer Qualität unübertroffen.

Literatur:

Bredekamp, Horst: Das Rot der Augen. In: Sterne und Weltraum 48 (2009), Heft 3, S. 48–57. Zum Katalogeintrag

Daxecker, Franz u.a.: Sonne entdecken – Christoph Scheiner 1575–1650. Ingolstadt 2000. Zum Katalogeintrag

Daxecker, Franz: Der Physiker und Astronom Christoph Scheiner. Innsbruck 2006. Zum Katalogeintrag