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Die frühneuzeitliche Astronomie umfassend in barocker Prachtentfaltung dargestellt.

Die von einer Reihe holländischer Stecher gearbeiteten, farbenprächtigen Abbildungen der „Harmonia Macrocosmica“ zählen zu den Meisterwerken der astronomischen Literatur der Barockzeit. Das Werk des Andreas Cellarius ist zusammen mit Johann Gabriel Doppelmayrs „Atlas Coelestis“ und weiteren Himmelskarten Teil eines Kartenmaterial aus dem 18. Jahrhundert umfassenden Sammelatlas’. Cellarius und Doppelmayr trugen mit ihren auch einzeln verkauften Karten erheblich zur Verbreitung des heliozentrischen Weltbildes bei. Der Erstbesitzer dieser Karten war wohl ein an der Astronomie interessierter Laie. Wie der Einband vermuten lässt, hat er diese Ende des 18. Jahrhunderts in einem Band zusammenbinden lassen. Dieser wurde schließlich im März 1919 vom Deutschen Museum aus Münchner Privatbesitz erworben.

Der in der Kurpfalz als Andreas Keller geborene Autor ist unter dem latinisierten Namen Andreas Cellarius (1596–1665) bekannt. Der Astronom und Mathematiker lebte und arbeitete seit Mitte der 1620er-Jahre in den Niederlanden und begann schon vor 1647 mit der Arbeit an seinem Himmelsatlas. Die Herstellung von Globen und präzisen Karten hatte in den Niederlanden, einer der führenden Handels- und Seefahrernationen der Zeit, schon eine lange Tradition. 1660 druckte Jan Jansson (1588–1664) Cellarius' Himmelsatlas als Supplement seines „Atlas Novus absolutissimus“. Der bereits von dem berühmten Kartographen Gerhard Mercator (1512–1594) geplante, umfassende Erd- und Himmelsatlas kam damit zu seinem Abschluss. Dieses Buch hat durch seine eleganten und prachtvollen Abbildungen nicht nur Astronomen, Astrologen und Kartografen in seinen Bann gezogen. Während die erste Ausgabe einen umfangreichen Textteil enthält, fehlt dieser in der 1708 erschienenen zweiten, im Besitz des Deutschen Museums befindlichen Ausgabe. Diese beschränkt sich auf die 29, höchst aufwendig kolorierten Kupferstiche. Drucker der zweiten Ausgabe waren Gerard Valk (1652–1726) und Petrus Schenk sr. (1661–1711), die die Kupferplatten des Atlas erworben hatten.

Den Weltbildern von Ptolemäus, Kopernikus und Brahe widmet die „Harmonia Macrocosmica“ nicht weniger als 21 Kupferstiche. Dem Betrachter wird auf diese Weise die Entwicklung des astronomischen Weltbildes eindrucksvoll vor Augen geführt. Besonders reizvoll sind die acht Stiche mit den Darstellungen des nördlichen und südlichen Sternhimmels. Sechs davon zeigen die antiken, weitere zwei die heute völlig in Vergessenheit geratenen christlichen Sternbilder.

Die „Harmonia Macrocosmica“, Andreas Cellarius' einziges astronomisches Werk, diente weiteren Himmelsatlanten als Vorbild. Daneben veröffentlichte Cellarius 1645 die ebenfalls in der Museumsbibliothek vorhandene „Architectura Militaris“, ein Werk zum Festungsbau, sowie 1652 mit „Regni Poloniae“ eine Landeskunde Polens. Die thematische Vielfalt seiner Publikationen macht ihn zu einem typischen Gelehrten der Barockzeit.

Literatur:

Cellarius, Andreas: The finest Atlas of the heavens. Introduction and texts by Robert H. van Gent. Hongkong u.a. 2006. Zum Katalogeintrag

Gent, Robert H. van: De hemelatlas van Andreas Cellarius – Het meesterwerk van een vergeten Hollandse kosmograaf. In: Caert-Thresoor 19 (2000), Heft 1, S. 9–25. Zum Katalogeintrag des Zeitschriftenbands

Der Artikel erschien zuerst gedruckt in "Kultur+Technik", der Zeitschrift des Deutschen Museums, Heft 04/2004.