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Nicht nur letzter Überblick der vom ptolemäischen Weltbild geprägten Astronomie, sondern vor allem auch ein großes Meisterwerk der Buchkunst der Renaissance.

Peter Apians „Astronomicum Caesareum“ gehört zu den ersten Werken, die für den Rara-Bestand der Bibliothek erworben wurden. Gekauft wurde es im Oktober 1904 bei dem von 1889 bis 1933 bestehenden, angesehenen Münchner Antiquariat J. Halle. Das prachtvoll ausgestattete „Astronomicum Caesareum“ ist ein Höhepunkt der naturwissenschaftlichen Literatur der frühen Neuzeit. Mit etwa einem Dutzend Publikationen ist Apian, einer der bekanntesten Astronomen des 16. Jahrhunderts, in der Bibliothek vertreten.

Geboren wurde er vermutlich 1495 im sächsischen Leisnig an der Mulde als Peter Bienewitz. Er studierte an den Universitäten in Leipzig und Wien. Da der Kaiserhof ein ausgeprägtes Interesse an Astrologie und Astronomie hatte, war die dortige Universität seit langem auf diesen Gebieten ein Zentrum. 1523 ging Apian nach Landshut, um schließlich von 1526 bis zu seinem Tod 1552 Mathematik an der bayerischen Landesuniversität in Ingolstadt zu lehren. Die angewandte Mathematik – Astronomie und Geodäsie – stieß dort jedoch auf wenig Interesse. Vor allem Medizinstudenten besuchten Apians Vorlesungen zur Astronomie. Um die idealen Zeitpunkte für ihre Eingriffe, etwa einen Aderlass, zu ermitteln benötigten Mediziner astronomische Kenntnisse.

Zusammen mit seinem Bruder Georg betrieb Peter Apian gleichzeitig eine Druckerei. Mit dieser wollte sich Apian nicht nur zusätzliche finanzielle Einnahmequellen erschließen, sondern sich vor allem von fremden Druckern unabhängig machen. Um Fehler beim Druck ihrer schwer zu setzenden Werke zu vermeiden, betrieben in der frühen Neuzeit einige berühmte Astronomen – so auch Tycho Brahe oder Johannes Hevelius – eigene Druckerpressen. Das „Instrument Buch“ (1533), in dem er die von Astronomen, Landvermessern und Seefahrern verwendeten wissenschaftlichen Instrumente beschreibt, ist Apians erste bedeutende astronomische Veröffentlichung.

Das 1540 nach mehrjähriger Vorbereitung gedruckte, großformatige „Astronomicum Caesareum“ ist ein Meisterwerk der Buchkunst. Unter Kennern gilt es als einer der besten Drucke der Renaissance und das schönste naturwissenschaftliche Buch aller Zeiten. Die Kolorierung der von Michael Ostendorfer und Hans Brosamer geschaffenen Holzschnitte erfolgte, zu dieser Zeit eher unüblich, bereits in der Apian'schen Werkstatt. Nach der Veröffentlichung des „Astronomicum Caesareum“ stellte die Apian'sche Druckerei ihre Arbeit weitgehend ein und wurde nach Peter Apians Tod verkauft. Das Werk ist Kaiser Karl V. und dessen Bruder Ferdinand gewidmet, die den Druck finanzierten und den Autor zu ihrem Hofmathematiker ernannten.

Das „Astronomicum Caesareum“ fasst das Wissen über Astronomie und astronomische Werke zusammen. Im Vordergrund des ersten Teils stehen die Darstellung der Planetenbewegungen und die Bestimmung der Position der Himmelskörper, was das Werk nicht zuletzt auch für Astrologen interessant machte. Mit Hilfe von 21 drehbaren Scheiben aus Papier, den sogenannten Volvellen, werden die Bewegungen der Himmelskörper veranschaulicht. Mit Hilfe dieser Scheiben ließen sich mehr oder weniger genaue Berechnungen anstellen. Das „Astronomicum Caesareum“ ist damit nicht nur ein theoretisches Astronomiebuch, sondern gleichzeitig ein wissenschaftliches Instrument, mit dem die Position von Sonne, Mond und Planeten ermittelt werden kann. Derartige drehbare Darstellungen finden sich schon in früheren Schriften Apians. Die einleitende Sternkarte verzeichnet die Apian bekannten, gut 1000 Sterne. Der zweite Teil des Werks befasst sich mit astronomischen Instrumenten und Kometen.

Für Apian war es noch unzweifelhaft, dass die Erde den Mittelpunkt des Weltalls bildet. Nur drei Jahre nach seiner Veröffentlichung, 1543, sollte jedoch mit Nicolaus Copernicus’ „De revolutionibus orbium coelestium“, das epochemachende Werk erscheinen, welches das geozentrische Weltbild umstürzte. Das Buch war damit für die damalige Zeit wissenschaftlich sehr schnell überholt. Einige Astronomen der nachfolgenden Generationen – so auch Johannes Kepler – äußerten sich deshalb abschätzig über dieses Buch. Erst im 20. Jahrhundert hat diese letzte große Schöpfung der vom ptolemäischen Weltbild geprägten Astronomie die Aufmerksamkeit der Forschung ebenso wie die bibliophiler Sammler auf sich gezogen.

Literatur:

  • Gingerich, Owen: Apianus’s Astronomicum Caesareum and its Leipzig Facsimile. In: Journal for the history of astronomy 2 (1971), S. 168–177. Zum Zeitschriftenband im Katalog
  • Peter Apian. Astronomie, Kosmographie und Mathematik am Beginn der Neuzeit. Hrsg. von Karl Röttel. Eichstätt 1995. Zum Katalogeintrag
  • Presser, Helmut: Ein astronomisches Wunderwerk von 1540. In: Der Druckspiegel 21 (1966), S. 201–203. Zum Zeitschriftenband im Katalog

Der Artikel erschien zuerst gedruckt in in "Kultur+Technik", der Zeitschrift des Deutschen Museums, Heft 01/2009.